Europäische Kommission:Britischer Finanzkommissar soll sich nicht um Banker-Boni kümmern

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Hier arbeiten viele Banker: die Londoner Skyline (Foto: Oli Scarff/Getty Images)

Ausgerechnet einen ehemaligen Bankenlobbyisten will Juncker zum Finanzkommissar machen. Allerdings fällt ein wichtiges Thema nicht in sein Aufgabenfeld.

  • Der Brite Jonathan Hill soll europäischer Finanzkommissar werden - in dieser Funktion sich aber nicht um die Gehälter der Banker kümmern.
  • In wenigen Tagen werden die neuen EU-Kommissare im Europaparlament angehört. Die Abgeordneten müssen den Kandidaten zustimmen.

Kommissar für die Finanzmärkte - aber nicht für Banker-Boni

Ausgerechnet ein ehemaliger Bankenlobbyist aus Großbritannien soll Finanzmarktkommissar werden - damit überraschte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Mitte September. Denn das Finanzressort ist auch dafür zuständig, die Banken zu regulieren. Und der wichtigste Finanzstandort Europas ist London, die britische Hauptstadt.

Hill soll aber nicht zuständig sein für die Gehälter der Banker. Diese sind nach der Finanzkrise ins Zentrum der staatlichen Aufsicht gerückt. Vor allem die Boni, die für Geschäftserfolge gezahlt werden, wurden dafür verantwortlich gemacht, dass Banker zu hohe Risiken eingegangen sind. Das hatte Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht, Steuerzahler mussten für Verluste einstehen. Um das Thema Banker-Boni soll sich die designierte Justizkommissarin Věra Jourová aus Tschechien kümmern.

Wer ist Jonathan Hill?

Als der britische Premierminister David Cameron im Juli dieses Jahres Lord Jonathan Hill als EU-Kommissar nominierte, fragten sich selbst in Westminster viele, wen der Premier denn da aus dem Hut gezogen habe. Es war erwartet worden, dass die Regierung einen prominenten Kandidaten nach Brüssel schickt. Hills Nominierung wurde allenthalben mit den Worten "Lord who?" kommentiert - Lord wer? Das liegt daran, dass der 54 Jahre alte Hill sein politisches Leben meist im Hintergrund verbracht hat. In den Neunzigerjahren war er Berater des damaligen Premiers John Major gewesen. Nachdem die Tories 1997 die Wahl verloren hatten, arbeitete Hill in PR-Firmen und als Lobbyist. Er war immer noch nahe dran am politischen Betrieb, trat jedoch nicht öffentlich in Erscheinung. 2010 wurde er in den Adelsstand erhoben und Mitglied des Oberhauses. Premier Cameron berief ihn zudem als Unter-Staatssekretär ins Bildungsministerium.

Dass EU-Kommissionspräsident Juncker Hill den Zuschlag gegeben hatte, war als Versuch gewertet wurde, den Großbritannien wieder enger an die EU zu binden. Cameron hatte sich zuvor dagegen gewehrt, dass Juncker den Posten an der Spitze der EU-Kommission bekommt. 2017 will Cameron die Briten über den Verbleib in der EU abstimmen lassen.

Abgeordnete müssen EU-Kommissare bestätigen

Kommenden Montag beginnt die Anhörung von neuen EU-Kommissaren in den Fachausschüssen des Europaparlaments. Die Kandidaten werden dabei von den Abgeordneten drei Stunden lang in die Mangel genommen und müssen ihre fachliche und persönliche Eignung unter Beweis stellen. Die Fachausschüsse können dessen Nominierung empfehlen oder auch ablehnen. Das letzte Wort hat das Plenum, das am 22. Oktober in Straßburg über die gesamte Kommission abstimmen soll. Ohne diese Zustimmung können Juncker und seine Kommissare nicht wie geplant am 1. November den Dienst antreten.

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