Europäische Union:Wo grün draufsteht, soll künftig auch grün drin sein

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Warum immer gleich wegwerfen? Oft lassen sich Geräte auch reparieren. Das will die EU nun fördern. (Foto: Ole Spata/dpa)

Die EU-Kommission schnürt ein neues Gesetzespaket für Verbraucher. Sie sollen künftig ein Recht auf Reparatur haben und vor "Greenwashing" geschützt sein.

Von Josef Kelnberger, Brüssel

Die Europäische Union will die Wirtschaftswelt mit zwei weiteren Gesetzen auf den Pfad der Nachhaltigkeit zwingen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen bald das Recht erhalten, Geräte reparieren zu lassen, statt neue kaufen zu müssen. Und sie sollen verlässlichere Informationen darüber bekommen, ob Produkte, die von den Herstellern als umwelt- und klimafreundlich vermarktet werden, auch tatsächlich umwelt- und klimafreundlich sind - oder ob es sich bei der Werbung nur um "Greenwashing" handelt, um Grünfärberei also.

Justizkommissar Didier Reynders aus Belgien und Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius aus Litauen stellten dieses sogenannte "Verbraucherpaket" am Mittwoch in Brüssel vor. Es zählt zum "Grünen Deal" der Europäischen Union, dem zentralen Politikfeld der aktuellen EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen. Das Ziel: Europas Klimaneutralität bis zum Jahr 2050.

Die Debatten um Umwelt- und Klimagesetze werden schärfer

Die beiden Gesetze werden nun vom Europaparlament und vom Rat der 27 Mitgliedstaaten beraten und sollen bis zum Ende der Legislaturperiode Anfang nächsten Jahres verabschiedet werden. Ob das gelingen wird, erscheint offen, zumal die Debatte um Umwelt- und Klimagesetze in den vergangenen Monaten schärfer geworden ist. Von konservativer Seite werden sie vor allem daraufhin überprüft werden, ob sie mit zu vielen Zumutungen für die Betriebe verbunden sind, während Grüne und Linke bemängeln, sie gingen nicht weit genug.

Das Ringen in der Kommission um das Gesetz zum Recht auf Reparatur hat lange gedauert. Es sollte ursprünglich schon im Sommer vergangenen Jahres vorgestellt werden. Es sieht nun vor, dass innerhalb der gesetzlichen Garantie von zwei Jahren fehlerhafte Produkte vom Hersteller repariert werden müssen, solange die Kosten der Reparatur nicht höher als die Bereitstellung eines Ersatzgerätes sind. Für Verbraucher soll das kostenlos sein, auch bei selbstverschuldeten Schäden.

"Reparatur geht vor Neukauf"

Über die Gewährleistung hinaus sollen die Hersteller bestimmter Produkte verpflichtet werden, fünf bis zehn Jahre nach dem Kauf noch kostenpflichtige Reparaturdienstleistungen anzubieten. Davon betroffen werden zunächst vor allem Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Backöfen oder Staubsauger sein, deren Reparierbarkeit in der von der EU bereits vorgestellten Öko-Design-Verordnung geregelt ist. Mobiltelefone und Tablets sollen dann folgen. Hersteller müssen dann Reparaturen auch bei Abnutzungsschäden durchführen, es sei denn, der Schaden ist technisch irreparabel.

Verbraucherinnen und Verbraucher sollten zu einem Umdenken veranlasst werden, sagte Kommissar Reynders: Reparatur geht vor Neukauf. Bislang dauern Reparaturen häufig lange, sind extrem kompliziert, werden manchmal schlecht ausgeführt und sind mit unübersehbaren Kosten verbunden. Die EU will deshalb Qualitätsstandards für Reparaturbetriebe einführen. Auch sollen die Mitgliedstaaten Plattformen einrichten, auf denen Angebot und Nachfrage für Reparaturen zusammengeführt werden. Reynders spricht von einem neuen "Ökosystem für Reparaturen". Laut Kommission sollen in einem Zeitraum von 15 Jahren dank der Reparatur-Offensive 18,5 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, 1,8 Millionen Tonnen Ressourcen und Abfall in Höhe von drei Millionen Tonnen eingespart werden.

Die EU will eigene Umwelt-Labels entwickeln

Das Schlagwort "Greenwashing" steht beispielsweise für die Werbung mit angeblich kohlenstoffneutralen Bananen, bienenfreundlichen Säften oder aus recycelten Plastikflaschen hergestellten T-Shirts, die falsch sind oder nur einen Teil der Wahrheit wiedergeben. Laut einer Studie der Kommission aus dem Jahr 2020 waren mehr als die Hälfte der Angaben über die Klimafreundlichkeit von Waren vage, irreführend oder unbegründet. Unternehmen sollen nun zwar nicht verpflichtet werden, den Käufern Auskunft über die Umwelt- und Klimabilanz ihrer Produkte zu geben. Aber wer darüber Angaben macht, soll diese von unabhängiger Stelle überprüfen lassen. Die Kommission plant, eigene Umwelt-Labels zu entwickeln. Laut Kommissar Sinkevičius gibt es innerhalb der EU bislang 230 solcher Labels. Es sollen nur noch jene erhalten bleiben, die den Mindestanforderungen der EU entsprechen.

"Wichtig ist, dass die Regeln für alle Produktgruppen gelten - vom Babybrei bis zur Waschlotion. Verbraucher- und Umweltschutz muss von allen Herstellern ernst genommen werden", sagte die Chefin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Ramona Pop, der Deutschen Presse-Agentur. Es sei gut, dass die EU-Kommission Greenwashing einen Riegel vorschieben wolle. "Das europäische Regelwerk muss jetzt zügig vor der Europawahl beschlossen und dann in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden."

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