Erneuerbare Energien:Desertec-Stiftung steigt aus Wüstenstrom-Projekt aus

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Mit Solarthermie-Kraftwerken wie diesem will Desertec Geld verdienen. (Foto: dpa)

Eskalation im Streit um ambitioniertes Wüstenstrom-Projekt: Die Desertec-Stiftung verlässt die von 20 Konzernen und Institutionen betriebene Initiative zur Realisierung der Vision. Die Folgen sind weitreichend.

Von Markus Balser, Berlin

Der Streit um die Realisierung des Wüstenstromprojekts Desertec eskaliert. Die Desertec-Stiftung - Mitbegründerin der internationalen Planungsgesellschaft Desertec Industrial Initiative (Dii) - steigt mit sofortiger Wirkung aus der von 20 Konzernen und Institutionen betriebenen Initiative zur Realisierung der Vision aus. Aufsichtsrat und Vorstand der Desertec-Foundation hätten auf einer außerordentlichen Sitzung bereits am 27. Juni einstimmig beschlossen, die Mitgliedschaft bei der Dii zu kündigen.

Die Folgen sind weitreichend. Denn die Stiftung hält die Namensrechte am Wüstenstromkonzept. Nach Angaben aus Kreisen der Dii in München wolle die internationale Desertec Foundation verhindern, dass die Planungsgesellschaft weiter den Namen Desertec trägt - ein herber Rückschlag für die Dii. Den Angaben zufolge ist die Stiftung unzufrieden mit der Leistung der Industrieinitiative. Die habe ihr Hauptziel bislang verfehlt, den politischen und regulatorischen Rahmen für den Markt für Strom aus der Wüste zu schaffen.

Führungsstreit innerhalb der Dii

Als Hintergrund der Spaltung der beiden Einrichtungen gilt zudem ein in der vergangenen Woche bekannt gewordener Führungsstreit innerhalb der Dii. Die Geschäftsführer der Initiative Paul van Son und Aglaia Wieland liefern sich eine heftige Auseinandersetzung um die künftige Strategie. Während der 60-jährige Niederländer Pläne für den raschen physischen Transport des Stroms nach Europa erstmal zu den Akten legen will, verfolgt eine zweite Fraktion um Co-Geschäftsführerin Wieland, 38, dieses Ziel weiter.

Mit dem Ausstieg ziehe die gemeinnützige Stiftung die Konsequenzen aus den unüberbrückbaren Meinungsverschiedenheiten bei der Strategie, den Aufgaben und nicht zuletzt dem Führungsstil der Dii-Spitze, heißt es dazu aus Kreisen der Stiftung.

Die Stiftung wolle vermeiden, in den Sog der negativen Berichterstattung über die Führungskrise und Orientierungslosigkeit des Industriekonsortiums gezogen zu werden, sagte Thiemo Gropp, Chef der Desertec-Foundation der Süddeutschen Zeitung. Der Führungsstreit führe bereits zu Irritationen bei den Partnern und zerstöre das Vertrauen in das Konzept .

Auseinandersetzung zur Unzeit

Die Auseinandersetzung kommt für die Realisierung der Vision zur Unzeit. Denn der Bau der ersten großen Solar- und Windkraftwerke in Nordafrika und dem Nahen Osten ist beschlossene Sache. Die Wüstenstromidee wird damit eigentlich zum Erfolgsprojekt. Umstritten ist jedoch, ob sich die Planer dafür stark machen sollen, Teile des Wüstenstroms auch nach Europa zu exportieren - die ursprüngliche Idee des Konzepts. Wegen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung Europas und Meinungsverschiedenheiten der beteiligten Länder und Unternehmen gilt das zwar als schwierig - aber nicht als unmöglich.

Baubeginn des ersten Desertec-Kraftwerks
:Grüner Strom aus der Sahara

Es soll das bislang größte Solarkraftwerk der Welt werden: In Marokko erfolgt am Freitag der erste Spatenstich für eine insgesamt 700 Millionen Euro teure Pilotanlage des Desertec-Projekts. Später könnte der Solarstrom aus der Sahara sogar nach Europa exportiert werden.

Von Markus Balser

Für die Dii, der Konzerne wie die Deutsche Bank, MunichRe, RWE und Eon angehören, ist der Streit mit der Namensgeberin ein neuer Rückschlag. Zuletzt hatten Siemens und Bosch der Gesellschaft den Rücken gekehrt. Die Dii war 2009 mit der Desertec Foundation gegründet worden, um Rahmenbedingungen in Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten zu schaffen.

"Es war uns immer klar, dass die Umsetzung der Idee, in den Wüsten dieser Erde Strom zu produzieren, kein leichtes Unterfangen wird und mit extremen Herausforderungen verbunden ist", sagt Gropp. Die Unabhängigkeit der Stiftung dürfe jedoch nicht gefährdet werden. Deshalb werden Dii und die Stiftung getrennte Wege gehen. Eine zukünftige Zusammenarbeit schließe das nicht aus.

© SZ vom 01.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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