Ausgaben für Kultur lohnen sich
Straßen sind voller Schlaglöcher, die Schulen marode, für dringend nötige Renovierungen ist kein Geld mehr da: Deutschlandweit stecken viele Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten. Sie fragen sich, an welcher Stelle sie noch sparen könnten. Der Gedanke, bei teuren Opern, Konzerthäusern oder Theatern zu kürzen, wirkt auf den ersten Blick bestechend. Warum noch Opernaufführungen bezahlen, wenn es doch schon in die Klassenzimmer hineinregnet?
Kürzungen der Kulturbudgets sollten sich Städte und Gemeinden aber gut überlegen - zu diesem Schluss kommt zumindest eine neue Studie des Münchner Ifo-Instituts. Die Forscher untersuchten, inwieweit Kultureinrichtungen ein Anziehungsfaktor für hochqualifizierte Arbeitskräfte darstellten.
Opernhäuser erhöhen das Einkommensniveau
Um die Effekte von Kultur auf den Wohlstand in der Region bestimmen zu können, suchten Wissenschaftler nach Kulturhäusern, deren Existenz nicht vom heutigen Einkommensniveau bestimmt ist. Sie wählten Opernhäuser, die bereits zu Barockzeiten, also bis etwa zum Jahr 1770, gegründet wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass die Einkommen in allen 29 Städten in Deutschland, die über ein barockes Opernhaus verfügten, höher waren als in vergleichbaren Städten ohne solche Häuser.
In einem nächsten Schritt beschränkten die Forscher ihre Analyse auf Westdeutschland, zudem nahmen sie etwa Hansestädte und Universitätsstädte aus der Analyse heraus. Sie wollten so andere mögliche Effekte wie Hochschulen oder den Handel auf den Wohlstand herausrechnen. "Aber die Ergebnisse blieben gleich: Ausgaben für Kultur haben positive Einkommenseffekte für alle Beschäftigten in einer Region", sagt Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien.
Investitionen in Kultureinrichtungen - oder zumindest in Opernhäuser - lohnen sich der Studie zufolge also. Den Mechanismus dahinter erklärt Oliver Falck so: "Kultureinrichtungen ziehen mehr hochqualifizierte Mitarbeiter an, und deren höheres Einkommen strahlt auf die gesamte regionale Wirtschaft ab." Besserverdienende Bürger geben demnach mehr Geld aus, die Wirtschaft vor Ort profitiert, neue Jobs können entstehen. Falck wertet die Ergebnisse als wichtiges Argument für die Subventionierung kultureller Einrichtungen.
Profitiert das Land insgesamt von der Kultur?
Einige Punkte bleiben in der Studie jedoch unklar. Wie die Autoren selbst anführen, können sie einen möglichen kumulativen Effekt nicht herausrechnen. Also die Frage, inwieweit innovative Arbeitnehmer weitere innovative Menschen in ihre Region ziehen, ganz unabhängig davon, ob es eine Oper gibt oder nicht.
In ihrer Studie weisen die Forscher zudem darauf hin, dass Regionen vom Angebot ihrer Nachbarregionen profitieren könnten, ohne selbst in Kultur zu investieren. Lösungen für dieses sogenannte free-riding können die Autoren der Studie nicht anführen.
Offen bleibt zudem, ob die Kulturhäuser auch landesweit betrachtet den Wohlstand insgesamt anheben. Die Forscher können nicht ausschließen, dass Kulturstädte im gleichen Maße Hochqualifizierte gewinnen, wie kulturarme Regionen sie verlieren. Unterm Strich stünde in diesem Fall also insgesamt kein Wohlstandsplus.