Sparerschutz:Bei einer Million ist Schluss

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Nach der Pleite der Greensill-Bank fällt der zuvor fast unbegrenzte Sparer-Schutz für Kunden privater Geldhäuser weg. Folgen hat das vor allem für Vermögende.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es dürfte eine Reform nach dem Geschmack des neuen Bundesfinanzministers Christian Lindner sein, der gerne die Eigenverantwortung betont. Betroffen sind allerdings vor allem Vermögende und Unternehmen, denn Kunden privater Banken wie der Commerzbank oder der Deutschen Bank genießen ab 2030 "nur" noch einen maximalen Schutzumfang bis zu einer Million Euro pro Bank durch die Einlagensicherung privater Banken. Der bislang fast unbegrenzte Schutz fällt schrittweise weg: Ab dem 1. Januar 2023 sind private Sparer und Stiftungen noch bis maximal fünf Millionen Euro pro Bank abgesichert, ab 2025 nur noch mit drei Millionen Euro. Zudem wird der Kreis derjenigen verkleinert, die Entschädigungen aus dem Topf bekommen können: Ausgeschlossen sind ab 2023 Profi-Investoren wie Versicherungen, Investmentgesellschaften sowie öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten, also beispielsweise Rundfunkanstalten.

Die Reform - vorangetrieben durch den Bankenverband, in dem die privaten Geldhäuser organisiert sind - ist Folge der Pleite der Bremer Greensill Bank, die vor fast einem Jahr geschlossen werden musste, nachdem sie mit dem britisch-australischen Mutterkonzern in eine Schieflage geraten war. Um die Geschäfte der Mutter zu finanzieren, hatte die Bank mit vergleichsweise attraktiven Festgeldkonditionen rund drei Milliarden Euro Spareinlagen eingesammelt, zum Teil über Zinsplattformen wie Weltsparen oder Zinspilot. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt seither wegen des Verdachts der Bilanzfälschung.

Zwar bekamen wohl alle Privatkunden und auch einige institutionelle Kunden ihr Geld von der Einlagensicherung der privaten Banken erstattet. Danach aber mussten die Institute den gemeinsamen Sicherungstopf mühsam wieder auffüllen. In der Fachwelt war eine Debatte entbrannt, ob die Einlagensicherung womöglich falsche Anreize setzte, indem sie Spargelder umfänglich absichert. Bis 100 000 Euro gilt bei allen Banken in Deutschland zwar ohnehin eine gesetzlich vorgeschriebene Einlagensicherung. Privatbanken, aber auch Sparkassen und Volksbanken sichern die Einlagen ihrer Privatkunden bislang aber so gut wie unbegrenzt ab.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing, der zugleich auch Präsident des Bankenverbands ist, bezeichnete den Fall Greensill als "eine Zäsur, nach der wir nicht einfach so weitermachen konnten". Es gehe darum "Fehlanreize" aus dem System herauszunehmen. Die freiwillige zusätzliche Einlagensicherung der privaten Banken in Deutschland sei aber immer noch die höchste, gemessen an allen europäischen Ländern. Hauptgeschäftsführer Christian Ossig sagte, Kerngedanke der Reform sei, "dass wir die Leute schützen wollen, die ein Risiko einer Bank nicht professionell einschätzen können, das sind natürliche Personen und das ist der deutsche Mittelstand".

Zahlreiche Kommunen investierten ungeschützt

Eingeschränkt wird auch der Einlagenschutz für Unternehmen. Für sie gilt von 2023 an eine Obergrenze von 50 Millionen Euro, diese sinkt 2025 auf 30 Millionen Euro und wird 2030 noch bei maximal zehn Millionen Euro pro Bank liegen. Spareinlagen von Städten und Gemeinden sind bereits seit Oktober 2017 aus der Einlagensicherung ausgenommen. Zahlreiche Kommunen hatten dennoch insgesamt rund 350 Millionen Euro bei der Greensill Bank angelegt und bekommen ihr Geld vermutlich nicht wieder. Bei der Stadt Monheim in Nordrhein-Westfalen führte die Anlage in Bremen sogar zu einem Verlust von 38 Millionen Euro.

Der Bund der Steuerzahler kritisierte kürzlich in seinem Schwarzbuch das Anlageverhalten der Kommunen. Es sei "allseits bekannt" gewesen, dass die Einlagen nicht geschützt sind, kritisiert der Verein. Dennoch hätten rund 40 deutsche Gebietskörperschaften ihr Geld der Bank in Bremen anvertraut, obwohl sie hätten gewarnt sein können: Das Geldhaus habe "Rendite versprochen, die über den marktüblichen Konditionen lagen". Dies sei angesichts des Niedrigzinsniveaus und grassierender Strafzinsen "offenbar eine allzu große Verlockung für viele Bürgermeister und Kämmerer" gewesen, kritisiert der Steuerzahlerbund. Viele Anlagen seien "trotz rigider Anlagevorschriften für die Kommunen und Warnungen vor der Bank" getätigt worden. Einige Gemeinden versuchen nun, Berater auf Schadenersatz zu verklagen, die ihnen die Festgeldanlagen vermittelt haben.

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