Die Botschaft, die Präsident Hu Jintao zum Besuch beim amerikanischen Präsidenten Barack Obama mitbringt, ist unmissverständlich. Hu hält das internationale Währungssystem, in dessen Zentrum der Dollar steht, für ein "Produkt der Vergangenheit". Offenbar fühlt sich die Volksrepublik stark genug, beim größten Spiel des weltweiten Kapitalismus mitzuzocken: Am Devisenmarkt ermitteln Tausende von Händlern, Anleger, Analysten im Sekundentakt den Wert ganzer Volkswirtschaften.
Die Supermacht im Fernen Osten ist schon lange kein ökonomisches Leichtgewicht mehr. Sie gewinnt zunehmend an Statur. Im vergangenen Jahr wuchs ihre Wirtschaftsleistung um mehr als zehn Prozent; damit hat das Reich der Mitte den Rivalen Japan von Platz zwei der bedeutendsten Wirtschaftsnation verdrängt.
Vor einem langen Marsch
Mit dem Verkauf von Industrieprodukten in alle Welt erwirtschaftet das Land höhe Überschüsse. Die Kurve der chinesischen Währungsreserven steigt steil an - von 250 Milliarden Dollar im Jahr 1999 auf 2648 Milliarden Dollar heute. Rund die Hälfte davon ist in Dollar angelegt. Dieser Schatz wird durch die sorglose Geldpolitik der USA bedroht.
Noch steht der Yuan im Schatten des Greenback, Chinas Währung ist fest an den Dollar gekoppelt. Wer seine Währung bindet, ist auf Gedeih und Verderb der amerikanischen Geldpolitik ausgeliefert. Deshalb ist es verständlich, dass China die Fesseln sprengen will. Die wirtschaftliche Großmacht von morgen wird auch die Rolle der internationalen Leitwährung erobern wollen.
Der Zeitpunkt für Präsident Hus Machtanspruch ist günstig gewählt. China ist stark, die USA und Europa schwach. Für viele Ökonomen, auch im Westen, ist der Niedergang des Dollars eine abgemachte Sache. Mit der Finanzkrise habe der Abstieg Amerikas begonnen, das gelte dann auch für die Währung. Tatsächlich sitzt das Land auf einem gigantischen Schuldenberg von 14 Billionen Dollar. Die Versuchung ist groß, durch das Drucken von Geld die Inflation anzukurbeln und so die Schuldenlast leichter zu machen. Das gefährdet den Status des Dollar als Leitwährung. Auch der Euro ist geschwächt. Die Mitgliedsländern leiden wie die USA unter maroden Banken und Strukturproblemen. Mancher Hedgefondsmanager sieht den Euro bereits am Ende. Läuft also tatsächlich alles auf den Yuan zu als jener Weltwährung, die künftig in den Tresoren der Notenbanken schlummert, mit der Erdöl und andere Rohstoffe bezahlt werden? Wohl kaum.
Platz für drei Währungen
Es ist noch ein langer Marsch, bis die chinesische Währung international vorn mitspielen kann. Dazu muss das Land erst mal den Kurs des Yuan freigeben und die Kapitalmärkte öffnen. Noch ist die chinesische Währung nicht weltweit handelbar und Schanghai viele Jahre entfernt von einem internationalen Finanzzentrum.
Selbst wenn China mit seiner selbstbewussten Währungspolitik Erfolg hat, wird sich der Yuan die Weltbühne vermutlich mit Euro und Dollar teilen müssen. Das ist gut so. Die Welt braucht keine dominierende Währung als sicheren Anker, ob sie nun aus Amerika oder China kommt. Wie gefährlich es ist, wenn ein Staat mit einem allzu mächtigen Zahlungsmittel übermütig wird, hat die Finanzkrise gezeigt. Die USA konnten sich hemmungslos verschulden, weil alle Welt Dollar brauchte, um damit zu zahlen. Nun ist die Blase geplatzt. China geht gestärkt aus der Krise hervor. Und Europa wird sich wieder fangen.
Die Weltwirtschaft ist groß genug für mehrere internationale Währungen. Historisch gesehen wäre das nichts Neues. Vor 1914 teilten sich britisches Pfund, französischer Franc und deutsche Mark die Rolle als internationale Währung. Heute könnten sich Dollar, Euro und Yuan diese Aufgabe teilen. Die Weltwirtschaft des 21.Jahrhunderts wird von mehreren Mächten beherrscht. Es gibt keinen Grund, warum das nicht auch für den Devisenmarkt gelten sollte.