Mysteriöser Stummfilm mit Handy:Edison in Frauenkleidern?

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Die mobiltelefonierende Dame, die in einem Stummfilm von 1928 aufgetaucht ist, bringt auch deutsche Technik-Experten ins Rätseln. Ein Gespräch mit Joseph Hoppe vom Deutschen Technikmuseum.

Martin Zips

In einem 82 Jahre alten Dokumentarfilm über die Vorführung von Charlie Chaplins "Der Zirkus" in Hollywood wurde erst jetzt eine Frau entdeckt, die vor dem Kino mit einer Art Handy zu telefonieren scheint. In den USA diskutieren nun alle sehr aufgeregt, und auch Joseph Hoppe, 56, Telekommunikationsexperte im Deutschen Technikmuseum Berlin, macht das vollkommen ratlos.

SZ: Herr Hoppe...

Hoppe: ... also diese Entdeckung verblüfft mich wirklich. Diese Frau spricht tatsächlich in etwas herein, das sie fast unsichtbar mit sich herumträgt.

SZ: Ein Handy? Ein Walkie-Talkie?

Hoppe: Die Vorläufer von individuellen, mobilen Kommunikationssystemen sind erst im Vorfeld und während des Zweiten Weltkriegs entwickelt worden. Ein derart kleines Funkgerät oder Mobiltelefon gab es 1928 noch nicht.

SZ: Wie wäre es mit einem Hörgerät?

Hoppe: Nein, diese Frau hat ja kein Gegenüber, sondern sie spricht tatsächlich in irgendetwas hinein. Das ist wirklich total verrückt.

SZ: Als Utopie gab es Mobiltelefone damals schon. Erich Kästner beschreibt eines in "Der 35. Mai" aus dem Jahr 1932.

Hoppe: Als Utopie natürlich. Aber zu dieser Zeit existierte noch nicht die Möglichkeit, Sende- und Empfangsgeräte derart kompakt zu bauen. Damals gab es nur schwere, unkomfortable Röhrengeräte. Selbst wenn sie die Sende-, Empfangs- und Verstärkertechnik in einen Rucksack oder einen Koffer gepackt hätten, so hätten sie damit niemals derart leichtfüßig herumspazieren können.

SZ: Nimmt diese Frau vielleicht ihre Stimme auf? Hält sie sich ein Mikrofon an den Mund?

Hoppe: Selbst wenn es Edison in Frauenkleidern wäre: Mobile Walzen- oder Magnetgeräte gab es damals auch nicht. Was meinen Sie: Ob alles nur gestellt ist?

SZ: Das wäre möglich. Allerdings steht die DVD, auf der sich der entsprechende Dokumentarfilm befindet, bereits seit sieben Jahren in unserem Regal. Erst jetzt wurden wir durch einen irischen Filmemacher damit konfrontiert.

Hoppe: Jedenfalls gab es 1928 keine kompakten Geräte mit eingebautem Lautsprecher und Mikro. Und was wäre mit der Energieversorgung? Auch Batterien waren damals riesengroß und schwer. Sie stellen mich mit diesem Film wirklich vor ein großes Rätsel.

SZ: Einigen wir uns darauf, dass die Frau vielleicht verrückt ist und mit sich selber spricht.

Hoppe: Die Frau muss verrückt sein. Und wenn ich noch länger drüber nachdenke, werde ich es auch.

© SZ vom 30.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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