EU-Haushalt:Widerstand des Veteranen

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EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn ist sauer über Verzögerungen bei den Plänen. (Foto: JULIEN WARNAND/AFP)

Die EU braucht neue Einnahmequellen, um ihre Schulden zu begleichen. Die Präsentation der Vorschläge dafür wurde aber verschoben, auch zum Ärger des zuständigen Kommissars.

Von Björn Finke, Brüssel

Beim Ausgeben und beim Schuldenmachen geht es voran - anders sieht es bei der lästigen Frage aus, wie die Darlehen abgestottert werden sollen: Die EU-Kommission hat seit Monatsanfang zig Milliarden Euro aus dem Corona-Hilfstopf an Mitgliedstaaten ausgeschüttet. Seit Mitte Juni platziert die Brüsseler Behörde zudem Anleihen, um diesen schuldenfinanzierten Fonds zu füllen. Um das Begleichen der Anleihen zu erleichtern, soll die Kommission neue Einnahmequellen erhalten, sogenannte neue Eigenmittel. Wo die herkommen werden, dazu hätte die Kommission bis Ende Juni Vorschläge präsentieren sollen, doch das wurde auf den Herbst verschoben. Die Europaabgeordneten sind sauer; an diesem Dienstag wird der Haushaltsausschuss des EU-Parlaments Budgetkommissar Johannes Hahn einvernehmen.

Der Österreicher wird sich einige Kritik anhören müssen - dabei ist der Christdemokrat selbst unglücklich über die Verzögerung. In einem Brief an die Abgeordneten schreibt der 63-Jährige, er "versteht und teilt" deren Bedenken: "Den Vorschlag für einen Korb an neuen Eigenmitteln zu verschieben, ist eine Entscheidung, die uns nicht leicht gefallen ist und gegen meinen starken Widerstand." Diesen Widerstand zeigte Hahn auch, als die 27 EU-Kommissare Mitte Juli über das ehrgeizige Gesetzespaket zum Klimaschutz abstimmten. Der Brüsseler Veteran, der seit 2010 Kommissar ist, votierte als Einziger dagegen. Nicht weil er Klimaschutz ablehnt, sondern aus Protest, dass dieses Gesetzespaket anders als geplant ohne begleitenden Vorschlag zu neuen Einnahmequellen präsentiert wurde.

Denn Klimaschutz und Einnahmequellen hängen zusammen: Die Kommission soll Geld aus der Erweiterung und Verschärfung des Emissionshandelssystems erhalten. Bei diesem System müssen Unternehmen Verschmutzungsrechte kaufen, wenn sie Klimagase in die Atmosphäre blasen. Außerdem will die Behörde eine Art Klimazoll einführen, der Importe von Gütern belastet, die unter klimaschädlicheren Bedingungen hergestellt werden als in der EU üblich. Von diesen Zolleinnahmen soll die Kommission ebenfalls profitieren.

Allerdings beschloss die Kommission, dass ein Teil der neuen Erlöse aus dem erweiterten Emissionshandelssystem nun in einen Klima-Sozialfonds fließen sollen. Der Topf soll die Belastungen des Klimaschutzes für Verbraucher mindern. Damit steht dieses Geld aber nicht mehr zur Verfügung, um der Kommission beim Begleichen der Schulden für den Corona-Topf zu helfen. Hahn schreibt in seinem Brief, dass der verspätete Vorschlag für neue Eigenmittel zugleich darlegen werde, wie genau die Kommission den Klima-Sozialfonds finanzieren möchte.

"Die EU darf nun nicht auf Druck der USA einknicken"

Als weitere neue Einnahmequelle soll eine EU-Digitalabgabe dienen, also eine Sondersteuer für Digitalkonzerne. Die US-Regierung lehnt aber solche Steuern ab und droht, ohne Verzicht darauf werde man nicht der globalen Reform der Unternehmensteuern zustimmen, die bei der Industrieländerorganisation OECD verhandelt wird. Die Kommission verschob darum die Präsentation des Steuervorschlags - zur Verärgerung des Europaparlaments. In seinem Brief argumentiert Hahn, dass solch ein Vorschlag im Herbst, nach Abschluss der OECD-Verhandlungen, bessere Chancen habe, die nötige Einstimmigkeit unter den EU-Regierungen zu finden. Doch den Haushaltspolitiker Rasmus Andresen von den Grünen überzeugt das nicht: "Die EU darf nicht auf Druck der USA einknicken, sondern muss selbst mit einem fairen Besteuerungssystem voranschreiten", sagt er.

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