Mobilfunk:Funkmast mit Propeller

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Ferngesteuerte Flugzeuge sollen künftig helfen, Handynutzern Funklöcher zu ersparen. (Foto: oh)

Neun Tage am Stück in der Luft: Die Telekom testet, ob sie den Handyempfang per Flugzeug verbessern kann

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Handynutzer kennen das Problem: in Gebirgen, Naturschutzgebieten oder schlicht Gegenden mit sehr wenigen Einwohnern. Entweder gelingt es Mobilfunkanbietern dort technisch nicht, per Sendemast die Smartphones zu erreichen. Oder es lohnt sich nicht, Antennen ins Niemandsland zu stellen. Allzu oft die Folge: kein Empfang.

Die Deutsche Telekom will sogenannte weiße Flecken künftig auch von ganz oben stopfen, aus der Stratosphäre. Eine entsprechende Partnerschaft hat der Konzern nun mit der britischen Firma Stratospheric Platforms Limited (SPL) bekanntgegeben. "Wir wollen den fliegenden Mobilfunkmast", tönt Bruno Jacobfeuerborn, Chef der Telekom-Infrastruktur-Tochter Deutsche Funkturm.

Anfang Oktober haben die Partner in Bayern Tests mit einem ferngesteuerten Flugzeug unternommen, das etwa 14 Kilometer über der Erde flog. Ein Pilot war nur aus Sicherheitsgründen an Bord. Über Antennen an dem Flieger konnten Smartphones am Boden Anrufe und Video-Telefonate tätigen, ins 4G-Netz gehen und Dateien runterladen. "Das ist Innovation hier aus Europa", sagt Telekom-Chef Tim Höttges.

Ein solches Flugzeug könnte künftig einen Umkreis mit einem Durchmesser von bis zu 100 Kilometern versorgen, lautet die Prognose. Kunden sollten den Übergang vom stehenden Mast zur fliegenden Antenne innerhalb des Telekom-Netzes nicht bemerken, kündigt der Konzern an. All dies solle bestehende Masten nicht ersetzen, sondern ergänzen.

"Das wird nicht gleich heute und noch nicht mal morgen passieren", dämpft Höttges freilich die Erwartungen. Die Technologie müsse noch einige Hürden überwinden und könnte dann in fünf oder zehn Jahren an den Start gehen. "Die Telekom ist und wird kein Flugzeugbauer", stellt der Konzernchef klar. Man suche derzeit weitere Partner und Investoren für das Vorhaben.

SPL entwickelt die ferngesteuerten Flugzeuge, die mit Wasserstoff betrieben werden sollen; dieser Energieträger kann mithilfe von viel Ökostrom gewonnen werden. Ziel sei, dass jeder Flieger gut neun Tage am Stück in der Luft bleiben könne, sagt SPL-Chef Richard Deakin. Die Flugzeuge mit einer Spannweite von etwa 60 Metern seien besonders leicht konzipiert. Die Zusammenarbeit begann demnach 2015 mit ersten Simulationen. "Der erste Flug ist für Mitte 2022 geplant", teilen die Unternehmen mit. Sollte sich die Technik bewähren, könnte sie künftig auch außerhalb Europas abheben.

Bereits zuvor hatte der Google-Mutterkonzern Alphabet ein Projekt namens Loon initiiert, das mithilfe von Ballons den Netzzugang in Staaten wie Kenia oder Mosambik verbessern will. Ballons gelten im Vergleich zu Drohnen freilich als schwerer steuerbar. Auch Facebook hat an Internet-Drohnen namens Aquila getüftelt, das Projekt aber eingestampft.

In Deutschland hakt der Ausbau der Mobilfunknetze vielerorts, Gründe gibt es viele: Längst nicht immer sind Grundstücke für zusätzliche Masten verfügbar, zuweilen formieren sich Bürgerinitiativen gegen Bauvorhaben. Gleichzeitig verlangt der Staat aber einen weiteren Ausbau schneller Netze. Auch deshalb knüpfen Telekommunikationsfirmen mehr und mehr Bündnisse, um sich die Investitionskosten in entlegenen Gebieten zu teilen.

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