Deutsche Bank:Wenn Banker zu viel chatten

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Niederlassung der Deutschen Bank an der New Yorker Wall Street. Händler sollen per Whatsapp und Signal mit Kunden kommuniziert haben. (Foto: Justin Lane/dpa)

Den großen Wall-Street-Banken droht mal wieder eine Milliardenstrafe. Diesmal stört sich die US-Börsenaufsicht daran, dass sie Whatsapp nutzen. Das könnte auch für die Deutsche Bank teuer werden.

Von Meike Schreiber , Frankfurt

Zugegeben: Wer nicht gerade in einer Investmentbank arbeitet, für den klingt die Regel vermutlich ein wenig überzogen. Den meisten Bankern dürfte indes in Fleisch und Blut übergangen sein, dass sie geschäftliche Angelegenheiten nicht über Messenger-Dienste auf privaten Handys oder privaten E-Mail-Konten austauschen dürfen. Spätestens seit der Finanzkrise sind solche Kommunikationswege jenseits der "offiziellen Plattform" verboten. Um unsaubere Geschäfte zu verhindern, erinnert die Compliance-Abteilung - welche darüber wacht, dass Regeln eingehalten werden - regelmäßig daran, keine privaten Handys oder Dienste für Berufliches zu nutzen. Wer es doch einmal tut, muss zumindest sofort sicherstellen, dass der Austausch gespeichert bleibt.

Während der Pandemie, als viele Banker im Home-Office arbeiteten, scheint indes Schlendrian eingezogen zu sein. Jedenfalls untersucht die US-Börsenaufsicht SEC nun seit fast einem Jahr das Kommunikationsverhalten mehrerer Wall-Street-Banken. Wie kürzlich herauskam, ist darunter auch die Deutsche Bank. Laut Wall Street Journal könnte die Untersuchung in Kürze in einen Milliarden-Vergleich münden. Die Rechnung für jede einzelne große Bank (etwa Bank of America, Citi, Goldman, Barclays) wird sich wohl auf rund 200 Millionen Dollar belaufen. Es dürfte eine der teuersten Strafmaßnahmen seit den großen Milliarden-Vergleichen nach der Finanzkrise sein.

Den Aufsehern ging es dabei vor allem um Wertpapierhändler, die Whatsapp oder Signal verwendet haben, um sich mit Kunden über Anlagethemen oder andere geschäftliche Dinge auszutauschen. Das Problem: Diese Dienste kann man so einstellen, dass Nachrichten nach einer bestimmten Zeit automatisch gelöscht werden. Und wer kann dann später noch nachverfolgen, ob der Händler dem Kunden einen verbotenen Insidertipp gegeben hat? Oder aber, dass Banken sich unerlaubt absprechen? Die Skandale um die Manipulation von Zinssätzen wie dem Libor konnten beispielsweise nur deshalb teilweise aufgeklärt werden, weil die Aufseher Zugriff auf Messenger-Dienste der Händler bekamen. Vergangenen Dezember hatte die SEC bereits mit der Großbank JP Morgan einen Vergleich über 200 Millionen Dollar erzielt.

Selbst Vorstände nutzten Whatsapp

Auch die Deutsche Bank ist Teil der Untersuchungen, wie die Frankfurter im Mai eingestanden. Wie zuvor herausgekommen war, beschäftigt sich auch die Finanzaufsicht Bafin mit den Kommunikations-Usancen der Bank. Das Geldhaus hoffte zunächst, deutlich günstiger davonzukommen, in offenbar vorauseilendem Gehorsam erklärten sich die Vorstände Anfang des Jahres aber schon mal bereit, je 75 000 Euro von ihrem Bonus abzugeben. Als Zeichen, wie es hieß, dass sie die Verantwortung übernähmen für die Vorgänge. Im August gestand das Institut dann auch noch ein, inzwischen eine Rückstellung gebildet zu haben, die sich dem Vernehmen nach auf rund 200 Millionen Euro summiert.

Für die Deutsche Bank könnte sich als problematisch erweisen, dass sogar Vorstände private Messengerdienste oder E-Mail-Konten für geschäftliche Belange genutzt haben. So etwas sehen die Aufseher natürlich besonders kritisch. So sollen sich die Vorstände der Fondstochter DWS rege über Whatsapp ausgetauscht haben. Deren früherer Vorstandschef Asoka Wöhrmann nutzte außerdem eine private E-Mail-Adresse teils für geschäftliche Zwecke. Eine dazu laufende interne Untersuchung ist dem Vernehmen noch nicht abgeschlossen. Auch Konzernchef Christian Sewing ist auffällig geworden: Er kommunizierte mit einem zweifelhaften Geschäftsmann, dessen Konten die Bank zuvor gekündigt hatte, über Whatsapp. Eigentlich hatte die Bank schon vor Jahren für Diensthandys einen Messengerdienst namens Symphony eingeführt. Vor einigen Monaten sind außerdem gut Tausend Mitarbeiter dazu aufgefordert worden, die App Movius auf den Smartphones zu installieren. Mit Hilfe der App kann die Compliance-Abteilung Gespräche und Textnachrichten speichern.

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