Mögliche Bankenfusion:Warum Olaf Scholz die Gründung einer Superbank gut fände

Lesezeit: 4 min

  • Der Niedergang der beiden großen deutschen Privatbanken ist so dramatisch, dass der Bundesfinanzminister nicht länger zusehen kann.
  • Olaf Scholz fürchtet, dass die Deutsche Bank aus dem Abstiegskampf nicht mehr herausfindet.
  • Für das Geldhaus reift derweil das nächste Problem heran: Die Ermittlungen der New Yorker Staatsanwaltschaft wegen Krediten der Deutschen Bank an Donald Trump.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Als Wolfgang Schäuble vor eineinhalb Jahren aus dem Bundesfinanzministerium auszog, hinterließ er seinem Nachfolger nicht nur die glänzende schwarze Null. Sondern auch ein Bankenproblem.

Schäuble hatte in seiner gesamten Amtszeit aus seiner Verachtung für Banker nie einen Hehl gemacht. Und sich schlicht geweigert, mit diesen Managern zu reden, die es fertiggebracht hatten, die deutschen Steuerzahler um 68 Milliarden Euro zu erleichtern. Er hatte so viel Geld wie kein anderer Finanzminister in die Hand nehmen müssen, um Banken zu retten, die größenwahnsinnige Geschäfte gemacht hatten. Für den CDU-Mann war das Grund genug, sie mit Missachtung zu strafen.

Auswirkungen
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"Fusion" ist für viele Beschäftigte ein Angstwort, ebenso wie die Gewerkschaften fürchten sie eine Streichung von Stellen. Aber auch Kunden könnten ein Zusammengehen der beiden Institute zu spüren bekommen.

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Für seinen Nachfolger Olaf Scholz (SPD) ist das keine Option mehr. Der Niedergang der einst stolzen deutschen Banken ist inzwischen so dramatisch, dass der Bundesfinanzminister nicht länger zusehen kann. Die Börsenkurse sind abgestürzt. Weder die Commerzbank noch die Deutsche Bank haben eine Geschäftsidee, die dauerhaft stabile Gewinne verspricht. Was fast noch beunruhigender ist: Die Konkurrenz macht einen großen Bogen um die Übernahmekandidaten. Das Misstrauen ist spürbar.

Man darf davon ausgehen, dass Scholz darüber bestens informiert ist. Und auch darüber, dass das nächste große Problem der Deutschen Bank heranreift, die Ermittlungen der New Yorker Staatsanwaltschaft wegen Krediten der Deutschen Bank an Donald Trump. Da ist nicht auszuschließen, dass das Geldhaus, das einst mit unverschämten Margen, Boni und Gehältern den amerikanischen Markt erobern wollte, nun ausgerechnet dort tödlich getroffen werden könnte.

Bundesrepublik als Garant

Es ist insbesondere diese Angst, dass die Deutsche Bank aus dem Abstiegskampf nicht mehr herausfindet, die Scholz antreibt, das Problem mit den Banken über eine Fusion zu lösen. Sein Kalkül: Wenn die Deutsche Bank und die Commerzbank sich verbinden - und der Staat seinen Anteil in der neuen Großbank behält, kann das Stabilität schaffen. Die Bundesregierung hätte einen Fuß im größten deutschen Geldhaus, das würde für Vertrauen sorgen. Und es würde zudem nicht wirklich gut aussehen, müsste ausgerechnet ein Sozialdemokrat das größte private deutsche Geldhaus retten.

Öffentlich freilich erklärt Scholz die Bildung der neuen Großbank zu einer politischen Notwendigkeit. Deutschland brauche einen nationalen Champion, ließ er bei einer Bankentagung in Frankfurt wissen. Wer sollte sonst in diesen unruhigen Zeiten die deutsche Exportwirtschaft finanzieren? Man müsse nur über den Atlantik schauen, zu Donald Trumps America-first-Politik. Die Angst hat Scholz in den vergangenen Monaten enormen Druck machen lassen.

Den hat vor allem einer der wichtigsten Vertrauten von Scholz ausgeübt, Finanzstaatssekretär Jörg Kukies. Scholz hat den ehemaligen Deutschland-Chef der Investment-Bank Goldman Sachs vor einem Jahr in sein Ministerium geholt. Damals war spekuliert worden, dass Kukies die Regierung beraten könnte, wenn sie ihre Anteile an der Commerzbank verkaufe. Diese wiederum hatte einst Goldman Sachs beauftragt, sie zur Abwehr feindlicher Übernahmen zu beraten. Kukies kann sozusagen im Schlaf erklären, warum die Commerzbank nicht von Franzosen oder Italienern übernommen werden sollte. Jetzt aber gibt es eine weitere Auffälligkeit. Die Commerzbank lässt sich von Kukies' einstigen Arbeitgeber auch bei den Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank beraten.

"Ergebnisoffen": Finanzminister Olaf Scholz (rechts) während einer Rede von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing im Herbst in Frankfurt. (Foto: Alex Kraus/Bloomberg)

Für Scholz ist Kukies einstiges Netzwerk recht hilfreich. Trotz des Jobs in Berlin wohnt er weiter in der Bankenmetropole Frankfurt. Er ist bestens vernetzt und hat Kontakt zu Ex-Kollegen gehalten. Zudem war er als Handlungsreisender unterwegs, um im Auftrag der Bundesregierung auszuloten, ob den deutschen Banken nicht im Ausland neue Geschäftsfelder vermittelt werden könnten. Kukies ist nach Asien gereist, um Kontakte anzubahnen. Er sprach in Japan vor, kam nach China, um gemeinsam mit Scholz bei der chinesischen Regierung für deutsche Finanzinstitute zu werben. Man war sogar bereit, dafür die Regularien für chinesische Finanzinvestoren in Deutschland aufzuweichen.

Bei so viel Engagement mutet es ein wenig komisch an, dass ausgerechnet Scholz und Kukies an diesem Montag, nur wenige Stunden nachdem die Chefs von Deutscher Bank und Commerzbank bekannt gegeben haben, dass sie nun "ergebnisoffen" miteinander reden, dasitzen und so tun, als ginge sie das alles nichts an. Als seien sie nichts als Beobachter. Scholz hält in Berlin eine längliche Rede unterhalb der Neuigkeitsschwelle, in der er die Banken nicht erwähnt. Auf die Frage, was von einer Fusion zu halten sei, antwortet er, das sei eine privatwirtschaftliche Angelegenheit. Und Kukies steht etwa zur selben Zeit in Frankfurt an einem Rednerpult und windet sich aus ähnlichen Fragen mit beinahe wortgleichen Antworten heraus.

Auch die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles weiß in Berlin nicht mehr zu sagen, als dass die Sozialdemokraten beobachteten, was da geschehe. Offenbar funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Bundesfinanzministerium und Willy-Brandt-Haus. Man spricht sich ab.

Ungünstig nur, wenn der Koalitionspartner die Sache offensichtlich anders sieht. "Eine Regierung ist bei einem Vorhaben dieser Größenordnung nie passiv", sagt Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) der Bild-Zeitung. Also wird doch nicht nur beobachtet. Und: "Wir schauen natürlich auf die Zukunft der Arbeitsplätze, um die es geht." Das sei ein "sehr, sehr relevanter Punkt".

Alarm schlagen die Gewerkschaften. Verdi-Chef Frank Bsirske ließ bereits vernehmen, er sehe die Fusion "mehr als skeptisch". Auch er gibt Scholz eine Breitseite mit: "Dass da einfach zugeguckt wird, davon kann niemand ernsthaft ausgehen." Damit nicht genug. Der Chef der Monopolkommission, Achim Wambach, bringt eine weitere Warnung ins Spiel. Er fürchtet, die neue Bank könnte zu groß werden. Durch den Zusammenschluss entstehe möglicherweise eine neue Bedrohung für die Finanzwelt, "nämlich durch einen Anstieg des Systemrisikos". Was Wambach damit sagen will: Es könnte sein, dass einmal mehr die Steuerzahler zahlen müssten, würde der neue deutsche Gigant ins Wanken geraten. Genau das aber, hat die Bundesregierung versprochen, sollte nie wieder passieren.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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