Cum-Ex-Verfahren:Hanno Berger geht in Revision

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Hanno Berger vor der Urteilsverkündung im Gerichtssaal im Juni 2022. Er gilt als Architekt der Cum-Ex-Aktiengeschäfte. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Die prominenteste Figur im Cum-Ex-Skandal wehrt sich gegen die Verurteilung zu einer langen Gefängnisstrafe.

Hanno Berger, eine der Schlüsselfiguren im milliardenschweren Cum-Ex-Steuerskandal, will eine jahrelange Haftstrafe wegen Verfahrensfehlern abwenden. Sein Anwalt Jürgen Graf setzt in der am Bundesgerichtshof (BGH) beantragten Revision darauf, dass die Schuldsprüche von deutschen Gerichten gegen Berger unvereinbar sind mit dem Schweizer Auslieferungsbescheid von 2021. Wäre das tatsächlich das der Fall, würden die Urteile der Landgerichte Bonn und Wiesbaden wegfallen und Berger könnte ausreisen, sagte Graf der Deutschen Presse-Agentur. Neben diesem Auslieferungsaspekt führt der Verteidiger noch andere inhaltliche Punkte ins Feld, um vor dem BGH erfolgreich zu sein. Bisher hatte der Bundesgerichtshof stets alle ihm vorgelegten Cum-Ex-Urteile bestätigt.

Berger ist der prominenteste Kopf im Skandal um Steuerhinterziehung mit Cum-Ex-Aktiendeals. Der heute 72-Jährige war Ende 2012 vor der deutschen Justiz in die Schweiz geflohen und hatte sich dort jahrelang einem Prozess in Deutschland entzogen. Im Februar 2022 wurde er dann doch in die Bundesrepublik überstellt, wo er wegen schwerer Steuerhinterziehung vor dem Landgericht Bonn zu acht Jahren und vor dem Landgericht Wiesbaden zu acht Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Im Bonner Verfahren wurde der durch Bergers Taten ausgelöste Steuerschaden auf 276 Millionen Euro beziffert und in Wiesbaden auf 113 Millionen Euro.

Die beiden Urteile gegen Berger können nachträglich zu einer Gesamtstrafe verrechnet werden. Dann drohen ihm bis zu 15 Jahre Gefängnis. Dazu müssen die Urteile aber rechtskräftig sein. Berger sitzt in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt-Preungesheim, seinem Anwalt zufolge hat er gesundheitliche Probleme.

Graf bezieht sich in seiner Argumentation auf den "Spezialitätsgrundsatz", dem zufolge eine Verurteilung nur in dem Rahmen erfolgen darf, der im Auslieferungsbescheid festgelegt wurde. Genau das bezweifelt Graf, der früher selbst BGH-Richter war und dort zuletzt stellvertretender Vorsitzender des 1. Strafsenats. Denn die in der Entscheidung der gegenüber der Schweiz genannten Vorwürfe der Täuschung und der Arglist, die als Merkmale des "gemeinrechtlichen Betrugs" ausschlaggebend waren für die Auslieferung, kämen in dem Bonner Urteil gar nicht vor. "Damit ist fraglich, ob dem Schweizer Auslieferungsbescheid Genüge getan wurde."

Das Wiesbadener Urteil liege schriftlich noch nicht vor. Steuerhinterziehung sei in der Schweiz kein Auslieferungsgrund, gemeinrechtlicher Betrug - also Betrug am Staat - aber schon. Sollte sich im Rückblick herausstellen, dass es bei den deutschen Urteilen nur um Steuerhinterziehung ging und nicht um die Merkmale des gemeinrechtlichen Betrugs, hätte die Auslieferung nie erfolgen dürfen, argumentiert Graf. Ob er damit Recht bekommt, ist völlig offen. Noch ist unklar, wann der BGH über die Revision gegen Bergers Verurteilung entscheidet.

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