Conti: Grünberg geht:Späte Abrechnung

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Böse Worte zum Abschied: Der langjährige Conti-Chefkontrolleur von Grünberg tritt zurück und erhebt massive Vorwürfe gegen den neuen Großaktionär Schaeffler.

M. Hesse u. M. Thiede

Mit einem Eklat endete am Freitagnachmittag die Aufsichtsratssitzung der Continental AG. Zum ersten Mal hatte Maria-Elisabeth Schaeffler zusammen mit ihrem Sohn Georg und ihrem Geschäftsführer Jürgen Geißinger als Großaktionärin an der Sitzung teilgenommen. Ihr Ziel: Endlich die Macht zu übernehmen bei dem Konzern, dessen Übernahme die Schaeffler-Gruppe an den Rande des Ruins gebracht hat. Nach gut fünf Stunden hitziger Diskussion trat Hubertus von Grünberg als Vorsitzender zurück und legte auch gleich sein Mandat als Aufsichtsratsmitglied nieder.

Tritt bei Conti ab: Hubertus von Grünberg, langjähriger Konzernchef und zuletzt Aufsichtsratsvorsitzender des Reifenherstellers. (Foto: Foto: AP)

"Wir laufen Gefahr, in den Schaeffler-Strudel hineingezogen zu werden", sagte er nach der Sitzung. "Es zeichnet sich ab, dass Continental weiter Schaden nimmt." Conti habe erwartet, dass Schaeffler ein tragfähiges Konzept für die gemeinsame Zukunft der beiden Automobilzulieferer vorlegt. Doch das sei nicht passiert. Schaeffler habe sich geweigert und stattdessen "den Durchmarsch eingeleitet". Für Grünberg ist das "ein klarer Verstoß nicht nur gegen die Grundsätze ehrbarer Kaufleute, vielmehr ist dies ein aktiver Verstoß gegen den Geist oder sogar Inhalt der zwischen den beiden Unternehmen getroffenen Investorenvereinbarung".

Auf Seiten Schaefflers wird der Hergang allerdings anders beschrieben. "Der Aufsichtsrat hat von Grünberg das Vertrauen entzogen", sagte ein Sprecher des Herzogenauracher Familienkonzerns. Man habe ihn nicht zum Rücktritt gedrängt. Grünberg habe allerdings nicht auf der Liste gestanden, die Schaeffler für die Neuwahlen des Aufsichtsgremiums vorgeschlagen, die auf der kommenden Hauptversammlung am 23. April ansteht. Diese Liste sei von der Kapitalseite durchgewunken worden.

Jeder muss seine Hausaufgaben machen

Auch den Vorwurf, kein Konzept zu haben, will Schaeffler nicht gelten lassen. Das habe gar nicht auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung gestanden. "Schaeffler arbeitet mit Hochdruck und in Abstimmung mit Banken und anderen Beteiligten an einem Konzept für Schaeffler." Jeder müsse seine Hausaufgaben machen, und erst dann könne man über ein gemeinsames Konzept reden, hieß es bei dem Unternehmen.

Den Vorsitz des Aufsichtsrats übernimmt nun Werner Bischoff, der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE. Auch er monierte nach der Sitzung, dass Schaeffler kein Konzept vorgelegt habe, Conti aber dringend eines brauche. Auf der Vorschlagsliste von Schaeffler finden sich nur drei Mitglieder des bisherigen Conti-Aufsichtsrats: Tui-Chef Michael Frenzel, Ex-Commerzbank-Vorstand Bernd Voss und Hans Olaf Henkel.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wer neu in das Kontrollgremium einzieht.

Neu einziehen sollen der Nord-LB-Vorstandschef Gunter Dunkel, Ex-Daimler-Manager Klaus Mangold, der jetzt bei der Investmentbank Rothschild arbeitet, und Hansjörg Bullinger vom Fraunhofer-Institut. Maria-Elisabeth Schaeffler, ihr Sohn Georg sowie Jürgen Geißinger und ihr Anwalt Rolf Koerfer komplettieren das Team.

Warten auf den Richter

Koerfer sollte eigentlich bereits am Freitag den Vorsitz übernehmen. Allerdings hatte das Landgericht Hannover seine Bestellung in das Gremium gestoppt, weil ein Aktionär Beschwerde dagegen eingereicht hatte. Das Landgericht will bis Dienstag Aufsichtsräte anhören, um zu prüfen, ob Koerfer tatsächlich Interessenkonflikten unterliege, die einer Berufung zum Aufsichtsratsvorsitzenden entgegenstehen.

So hatte Christian Strenger argumentiert, der im Aufsichtsrat der Fondsgesellschaft DWS sitzt und die Beschwerde eingereicht hatte. Ein Schaeffler-Sprecher sagte, man warte nun die endgültige Landgerichtsentscheidung an und gehe weiterhin davon aus, dass Koerfer vor oder spätestens bei der Hauptversammlung den Aufsichtsratsvorsitz übernehme.

In Kreisen der Gläubigerbanken wurde die Reaktion von Grünbergs mit Unverständnis aufgenommen. Es sei bereits vor der Sitzung klar gewesen, dass Schaeffler kein Konzept vorlegen werde und auch an Koerfer festhalte. Insofern sei in der Sitzung keine neue Situation entstanden. In Finanzkreisen wird der jetzigen Besetzung des Aufsichtsrates ohnehin nur vorübergehende Bedeutung beigemessen. Angesichts der hohen Verschuldung der Schaeffler-Gruppe gilt es als wahrscheinlich, dass die Banken ihre Forderungen an den Konzern in Anteile sowohl an Conti als auch an Schaeffler eintauschen und dann den Aufsichtsrat bei Conti neu besetzen.

© SZ vom 07./08.03.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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