Neuer Conti-Chefaufseher Koerfer:"Ich bin unabhängig"

Der designierte Conti-Aufsichtsratschef Hans Rolf Koerfer über seine schwierige Vermittlerrolle und die unterschiedlichen Firmenkulturen von Schaeffler und Continental.

Uwe Ritzer

In seiner Freizeit streift Hobbyjäger Hans Rolf Koerfer am liebsten durch sein Revier in der Nähe von Gummersbach. Beruflich bewegt er sich demnächst auf vermintem Gelände. Als designierter Aufsichtsratsvorsitzender der Continental AG soll er für eine möglichst schnelle und reibungslose Zusammenarbeit mit dem neuen Conti-Großaktionär Schaeffler sorgen - und gleichzeitig die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen beiden Seiten beenden. Damit folgt Koerfer, 51, dem persönlichen Ruf von Maria-Elisabeth Schaeffler. Die Unternehmerin, der gerade noch selbst Ambitionen auf den Aufsichtsratsvorsitz nachgesagt wurden, will sich wie Sohn Georg und Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger, 49, mit einem einfachen Aufsichtsratsmandat begnügen.

Neuer Conti-Chefaufseher Koerfer: Continental bekommt einen neuen Chefaufseher: Hubertus von Grünberg macht Platz für Hans Rolf Koerfer.

Continental bekommt einen neuen Chefaufseher: Hubertus von Grünberg macht Platz für Hans Rolf Koerfer.

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Herr Koerfer, was hat Sie bewogen, den Conti-Aufsichtsratsvorsitz und damit einen der schwierigsten Jobs in der deutschen Autoindustrie anzunehmen?

Koerfer: Frau Schaeffler hat mich darum gebeten. Ich berate die Familie und die Firma Schaeffler seit vielen Jahren. Meine Entscheidung ist davon getragen, trotz des schwierigen Marktumfelds die Verbindung von Continental und Schaeffler zum Erfolg zu führen.

SZ: Was macht Sie da so sicher?

Koerfer: Die industrielle Logik dieser Transaktion sieht man sowohl bei Conti als auch bei Schaeffler. Es ist ein enormer Vorteil, dass sich die Automobilsparten beider Unternehmen ideal ergänzen und nicht überlappen, was intern große Unruhe hervorrufen würde. Daher können wir uns sofort auf Sachthemen konzentrieren. Wir müssen als erstes ein Konzept entwickeln, wie diese Zusammenarbeit in der Praxis laufen soll. Wir zeigen allen Beteiligten, dass diese Transaktion Sinn macht. Das schafft Vertrauen.

SZ: Sie vertreten den neuen Großaktionär im Aufsichtsrat, müssen zugleich aber kraft Amtes in erster Linie die Interessen von Conti vertreten. Wie unabhängig sind Sie überhaupt?

Koerfer: Natürlich habe ich in erster Linie die Interessen der Continental AG zu wahren. Aber jeder Aufsichtsratsvorsitzende wird dabei auch die Interessen der Aktionäre und speziell des größten, also Schaeffler, im Auge behalten. Das ist normal, und darin sehe ich auch in diesem Fall überhaupt keinen Widerspruch.

SZ: Da konnte man in der Vergangenheit einen ganz anderen Eindruck erhalten. Conti und Schaeffler beharken sich seit Monaten erbittert.

Koerfer: Da wurde sicherlich manches hochgespielt.

SZ: Wie wollen Sie für Ruhe sorgen?

Koerfer: Ich bin seit 20 Jahren Anwalt für Fusionen und Übernahmen. Da lernt man, als erstes die Interessen aller Beteiligten zu analysieren und daraus für alle akzeptable Lösungen zu finden. Ich versetze mich bei Verhandlungen zwischendurch immer mal in die Gegenseite. Was würde ich tun, wenn ich deren Interessen vertreten würde? Es macht keinen Sinn, jemanden zu etwas zu überreden, was für ihn vielleicht schädlich ist, während man selbst nur geringfügigen Nutzen daraus zieht. Man muss Vorteile auf beiden Seiten schaffen.

SZ: Das klingt etwas weichgespült.

Koerfer: Aber anders geht es nicht. Sechzig, vielleicht siebzig Prozent meiner heutigen Mandanten waren in früheren Zeiten einmal auf der Gegenseite. Dass sie mir heute vertrauen, zeigt doch: Ich bin in der Lage, verschiedene Interessen unter einen Hut zu bringen.

SZ: Schaeffler und Conti pflegen sehr unterschiedliche Firmenkulturen. Fürchten Sie nicht, zwischen der Verschwiegenheit eines Familienunternehmens und der Transparenz eines börsennotierten Konzerns zerrieben zu werden?

Koerfer: Die Welt hat sich doch auch für Schaeffler geändert. Man ist in das Licht der Öffentlichkeit gerückt und verweigert sich dem auch nicht mehr.

SZ: Sie fürchten also überhaupt keine Integrationsprobleme?

Koerfer: Wenn Sie das Ohr sozusagen an die Werkbänke bei Conti und Schaeffler legen, dann hören sie, dass die Beschäftigten darauf brennen, endlich miteinander an die Arbeit zu gehen. Ingenieure sprechen eine Sprache und verstehen sich sofort.

SZ: Wie groß ist Ihr Spielraum bei den immer nervöseren Banken?

Koerfer: Auch da bin ich unabhängig, auch wenn man nie völlig frei von Rahmenbedingungen agieren kann. Tatsache ist nun mal, dass Conti und Schaeffler Schulden haben. Aber ich sehe nicht, dass dies unseren Handlungsspielraum einschränkt. Wir bekommen die Probleme in den Griff.

SZ: Mit Staatshilfe?

Koerfer: Kein Kommentar.

SZ: Wie stehen Sie denn zum Verkauf der Conti-Gummisparte und zu Staatsbeihilfen?

Koerfer: Ich bitte um Verständnis, dass ich zu diesen Themen mich nicht äußern möchte.

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