China:Wer vom Umbau der chinesischen Wirtschaft profitiert

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Spatenstich in der Provinz Guangdong im November 2019: BASF baut für zehn Milliarden Dollar einen gewaltigen Chemiepark - ohne chinesischen Partner. (Foto: Li Jiale/imago images)

Mit einer neuen Strategie will Peking die Nachfrage im eigenen Land fördern, ausländische Akteure sollen nur noch eine Nebenrolle spielen. Doch für einige Firmen ist das eine Chance, zeigt nun eine Studie.

Von Christoph Giesen, Peking

Die Entscheidung, die chinesische Wirtschaft grundlegend umzubauen, endgültig Schluss zu machen mit der Öffnungspolitik, die Reformpatriarch Deng Xiaoping vor Jahrzehnten angestoßen hatte, fiel, als die Welt gerade mit der allersten Corona-Welle zu kämpfen hatte. Während etwa in New York die Krankenhäuser überfüllt waren, trat im April 2020 in Peking unter Vorsitz von Staats-und Parteichef Xi Jinping im April 2020 die zentrale Finanz-und Wirtschaftskommission der Kommunistischen Partei zusammen. In seiner Rede sprach Xi zum ersten Mal von jenen "dualen Kreisläufen", die heute so gut wie jeden Tag in den chinesischen Zeitungen erwähnt werden.

Ziel ist es, eine sogenannte interne Zirkulation in China einzurichten und einen externen Austausch mit dem Ausland. Gefördert werden soll so die Nachfrage in der Volksrepublik, etwa durch Geld für Forschung und Entwicklung. Dem externen Kreislauf - also etwa dem internationalen Handel und Investitionen aus Europa oder den Vereinigten Staaten - wird nur noch eine unterstützende Rolle zugesprochen. Welche Auswirkungen hat das für ausländische Unternehmen, die ihre Produkte nach China verkaufen?

Das Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin hat die Folgen nun in einer Studie untersucht. Die überraschende Erkenntnis: Der chinesische Strategiewechsel ist für ausländische Unternehmen nicht durchweg negativ. Weil China Wertschöpfungsketten und innovative Technologien im eigenen Land anzusiedeln versucht, entstehen auch für ausländische Firmen Chancen. "Die chinesische Führung hat sich dafür entschieden, die Wirtschaft zu versicherheitlichen, das heißt, statt Profit geht es zunächst einmal darum, sicherzustellen, dass Unternehmen mit einer strategischen Relevanz im Land vertreten sind und ihre Produkte auch dort hergestellt werden", sagt Max J. Zenglein, Merics-Chefökonom und einer der Autoren der Studie.

BASF baut ein chinesisches Ludwigshafen, ganz ohne Beteiligung Chinas

Beispiel BASF: In der südchinesischen Provinz Guangdong baut der Konzern für zehn Milliarden Dollar gerade einen gewaltigen Chemiepark, ein chinesisches Ludwigshafen. Früher hätte die Führung in Peking eine solche Ansiedlung nur unter der Bedingung erlaubt, dass ein chinesischer Partner beteiligt wird. Im Autobau ist das heute noch gang und gäbe, Volkswagen kooperiert gleich mit drei chinesischen Unternehmen. Auch BMW und Daimler haben in der Volksrepublik Joint Ventures gegründet, mit denen sie die Gewinne in China teilen müssen. Beim Spezialchemiewerk in Südchina ist jedoch alles anders, BASF ist der alleinige Eigentümer, mit dem Segen Pekings. Der Konzern aus Deutschland darf Geld verdienen, so lange die Produkte in China hergestellt werden und man im Falle einer Zuspitzung des Konflikts mit den Vereinigten Staaten nicht fürchten muss, dass bestimmte Güter nicht mehr importiert werden können.

Die Führung in Peking ist davon überzeugt, dass die Vereinigten Staaten eine Eindämmungspolitik verfolgen, um Chinas Aufstieg aufzuhalten und das Monopol auf Kerntechnologien zu erhalten. Vor allem die Vehemenz mit der die Regierung in Washington gegen den chinesischen Netzwerkausrüster Huawei vorgegangen ist, indem sie Verbündete überzeugt hat, keine 5G-Technik aus China zu verbauen, hat im chinesischen Apparat nachhaltig Eindruck hinterlassen.

Für ausländische Firmen in China hat das vor allem zwei Konsequenzen: Unternehmen, die im Wettstreit mit chinesischen Firmen stehen, die bereits außerhalb Chinas aktiv und erfolgreich sind, brechen harte Zeiten an. Das muss dieser Tage etwa der Huawei-Konkurrent Ericsson erfahren. Der Umsatz in China ist im zweiten Quartal 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent eingebrochen, zudem wurde ein Forschungs-und Entwicklungszentrum von Ericsson geschlossen.

Deutlich attraktiver ist China hingegen künftig für Unternehmen, die sich keinem Joint-Venture-Zwang mehr unterwerfen müssen, wie die BASF, aber auch der amerikanische Mineralölkonzern Exxon-Mobil.

"Die bisherigen Richtgrößen, mit denen ein Erfolg in China gemessen wurde, etwa das Gerede vom großen Markt, an dem man irgendwie partizipieren sollte, gelten nicht mehr", meint Zenglein. "Entscheidend ist es, zu verstehen, ob die eigenen Produkte oder auch die Marke in China wirklich gebraucht werden." Sei das der Fall, könnten ausländische Unternehmen durchaus selbstbewusster in China auftreten. "Viele ausländische Unternehmen überschätzen die Qualität der chinesischen Wirtschaft. Die Wahrheit ist: Ohne Technologie aus dem Ausland hätte China große Probleme."

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