Bundesbank: Franz-Christoph Zeitler:Aufseher ohne Aufsehen

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Als Vizepräsident der Bundesbank war Franz-Christoph Zeitler schon bisher für die Bankenkontrolle zuständig. Nun soll sein Einfluss noch größer werden.

Helga Einecke

Auf Empfängen der Europäischen Zentralbank muss man Franz-Christoph Zeitler nicht lange suchen. Der Bundesbank-Vizepräsident ist 1,90 Meter groß und winkt einen über die Köpfe der anderen hinweg herbei. Gesprächspartner überrascht er gern mit ein paar Sätzen in deren Landessprache, das kann dann auch Russisch oder Türkisch sein. Am Buffet bevorzugt er leichte italienische Speisen, genehmigt sich dazu aber ein Weißbier.

Die Bundesbank soll künftig alleine für die Bankenaufsicht verantwortlich sein - das stärkt den Einfluss von (Foto: Foto: dpa)

Aus seiner Heimatverbundenheit hat der aus Augsburg stammende 61-jährige Banker mit CSU-Parteibuch nie ein Hehl gemacht. Noch heute gibt er an der Garderobe meist Lodenmantel und Tirolerhut ab, in seinem Büro in der Bundesbank in Frankfurt prangt die Fahne Bayerns. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass es ihn beruflich immer weniger in den Süden zieht, meist ist Zeitler in Berlin oder zu Finanzplätzen im Ausland unterwegs.

Gelernt, in der zweiten Reihe zu stehen

Und in Zukunft dürfte er noch ein bisschen mehr reisen. Denn auf die Bundesbank kommen mit dem Regierungswechsel neue Aufgaben zu - und Zeitler soll dabei eine wichtige Rolle spielen. Laut Koalitionsvertrag soll die Notenbank die Bankenaufsicht ganz übernehmen, die sie sich bislang mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) teilte. Zeitler dürfte das freuen, auch wenn er das natürlich nicht offen zugibt. Seit April 2007 leitet er das Ressort Banken und Finanzaufsicht der Bundesbank und musste sich dabei bislang immer mit der Mannschaft von Bafin-Chef Jochen Sanio arrangieren. Damit soll bald Schluss ein.

Dabei hat Zeitler durchaus gelernt, in der zweiten Reihe zu stehen. Bei der spektakulären Banken-Rettungsaktion vor einem Jahr stahl ihm sein Chef die Schau. Bundesbankpräsident Axel Weber managte nach außen hin die Krise überwiegend persönlich. Nicht einmal von dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Skandalbank HRE wurde Zeitler angehört. Zwar war er als Zeuge geladen und mit einem Stapel Unterlagen nach Berlin gereist, aber Weber hatte vor ihm bereits erschöpfend Auskunft gegeben.

Es muss für einen Aufseher kein Nachteil sein, wenn sein Name nicht in einem Atemzug mit dem Niedergang von Banken genannt wird. Im Gegenteil, sein Wirken im Hintergrund könnte Zeitler die schwierige Mission erleichtern, die Bankenaufsicht in neue Bahnen zu lenken und der Bafin eine unfreundliche Übernahme zu ersparen. Fragt man ihn nach Details der anstehenden Neuordnung, dann antwortet er mit einem vielsagenden Lächeln. Der langjährige Verwaltungsfachmann kennt die Regeln des politischen Geschäfts.

Denn die Weichen für das Projekt werden nicht in Frankfurt, sondern im Bundesfinanzministerium gestellt, dem die Bafin unterstellt ist. Die Bundesbank kann lediglich Vorschläge unterbreiten. Vieles ist noch ungeklärt. Zum Beispiel die Frage, wie die Bundesbank die Banken beaufsichtigen kann, wenn sie zugleich deren Ertragslage über die Höhe der Zinsen beeinflusst. Welche Mitsprache behält die Regierung bei der Pleite oder Rettung einer Bank? Soll die Finanzaufsicht, die bisher einheitlich Banken, Versicherungen und Wertpapiere überwacht, wieder auseinandergerissen werden? Die Klärung solcher Fragen dürfte sich noch lange hinziehen.

Staatssekretär unter Waigel

Ist die Kontrolle bei der Bundesbank besser aufgehoben als bei der Bafin? "Es gibt kein allein selig machendes Modell zur Bankenaufsicht", meint Zeitler diplomatisch. Um dann aber doch listig hinzuzufügen: Aktuell gebe es weltweit einen Trend, die Bankenaufsicht den Notenbanken zu übertragen.

Der Jurist hat sein Handwerk bei den bayerischen Finanzministern Ludwig Huber, Max Streibl, Gerold Tandler und Georg von Waldenfels gelernt. Theo Waigel holte ihn 1991 als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium - mit der Zuständigkeit für die Steuerpolitik. Europa hat Zeitler, der sich in seiner Dissertation mit dem Völkerrecht beschäftigte, immer interessiert. Die Erweiterung und juristische Ausgestaltung der Europäischen Union verfolgt er genau und auch kritisch, wie zum Beispiel die Zugeständnisse beim Vertrag von Lissabon.

1995 wechselte er in die Geldpolitik, zunächst als Präsident der Landeszentralbank in München. 2002 rückte er in den Bundesbankvorstand auf, kümmerte sich bei der Euro-Einführung um die Bereiche Bargeld und Banknoten, seit 2006 ist er Vizepräsident und damit automatisch auch in die Kontakte zur Europäischen Zentralbank eingebunden. 2007 folgte die Bankenaufsicht. Im Rückblick auf seine verschiedenen Aufgabengebiete bemerkt Zeitler trocken, es sei stets viel zu tun gewesen.

Konservative Haltung

Aktuell macht er sich in internationalen Gremien für neue Bankenregeln stark. Dort wird entschieden, wie viel und welches Kapital die Banken brauchen, welchen Anteil an riskanten Krediten sie weiterverkaufen dürfen. Keine einfache Aufgabe, hier einheitliche Standards zu finden, denn noch immer wird wird in den USA und in Europa ganz unterschiedlich bilanziert.

In Deutschland lässt er genau beobachten, ob die Banken genügend Kredite vergeben, der Mittelstand mit ausreichend Kapital versorgt wird. Er kennt die Vorstände der meisten Banken, weiß über deren Kapitalbedarf detailliert Bescheid, etwa bei den Landesbanken. Auf die Frage, ob denn die Banker bei ihm persönlich antanzen müssten, antwortet er: "Tanzen müssen sie nicht, nur kommen". So schlagfertig und locker zeigt sich Zeitler selten. Manche beschreiben ihn als ernst und ein wenig steif, andere als einen humorlosen Juristen.

Es mag an seiner konservativen Haltung, seinem Festhalten an traditionellen Werten liegen, dass Kritiker sich an ihm reiben, obwohl diese Tugenden gerade wieder Konjunktur haben. Zeitler steckt solche Reibereien scheinbar gelassen weg, wertet sie wohl als unvermeidliche Machtspiele. Die Werte sind Teil seines Lebens. Das Abitur machte er mit der Note "Eins", als Student förderten ihn die Stiftung Maximilianeum und das katholische Cusanuswerk. Der Kirche ist er bis heute verbunden geblieben. Es bedeutet ihm viel, dass der Papst aus Bayern kommt, er war auch schon zur Audienz in Rom. Und möglichst jedes Wochenende pendelt er nach München, wo seine Frau und seine erwachsenen Kinder wohnen. Von dort hat er es nicht weit zum Wandern in den Bergen.

© SZ vom 24.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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