Die allgemeine Betroffenheit in Europa wegen des Brexit-Votums der Briten ist schnell abgeebbt. Namentlich die Deutschen diskutieren über Erdoğan, die Flüchtlinge und die Lage der SPD, aber kaum noch über den Brexit, der nun überhaupt erst organisiert werden muss. Viel Lärm also um nichts? Wäre schön. Nimmt man aber alle derzeit verfügbaren Daten zusammen, erwartet jedenfalls die Briten eine finstere Zukunft.
Noch ist nicht viel passiert, sind weder in großem Stil Investitionen ausgeblieben noch Unternehmen abgewandert. Aber der Zweifel frisst sich durch die Firmenzentralen, ob die isolationistische Insel noch der richtige Standort für international operierende Unternehmen ist. Die Bank of England, die viele Fühler in die Wirtschaft hat, ist nicht ohne Grund alarmiert. Sie erwartet eine regelrechte Vollbremsung des Wirtschaftswachstums von 2,3 auf 0,8 Prozent im kommenden Jahr.
Mit einer historischen Zinssenkung versuchen die Notenbanker, sich dem Trend entgegenzustemmen; die Chancen, dass dies gelingt, sind ungewiss. Die Engländer werden den 23. Juni noch verfluchen, als sie sich mehrheitlich gegen Europa wendeten. Für das kontinentale Europa birgt das ganze Drama eine konstruktive Erkenntnis: Es ist offensichtlich, dass es nicht gut tut, der EU den Rücken zu kehren. Das wird den Brüssel-Hassern hierzulande hoffentlich den Nährboden entziehen.