Börse:Brenntag wehrt Angriff der Investoren ab

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Firmensitz von Brenntag in Essen. Nach monatelangem Streit wählte die Hauptversammlung die Kandidaten des Managements in den Aufsichtsrat. (Foto: Leon Kuegeler/imago images/photothek)

Die Mehrheit der Hauptversammlung stützt den Kurs des Dax-Konzerns. Ein Londoner Investor wollte eigene Kandidaten in den Aufsichtsrat schicken, um den Chemikalienhändler zu zerschlagen. Doch das misslang.

Von Björn Finke, Brüssel

Das Management des Dax-Konzerns Brenntag hat sich im Machtkampf mit aktivistischen Investoren vorerst durchgesetzt. Auf der virtuellen Hauptversammlung stimmte die Mehrheit der anwesenden Aktionäre am Donnerstag für die von Brenntag vorgeschlagenen zwei Kandidaten für den Aufsichtsrat. Der Londoner Investor Primestone hatte zwei eigene Kandidaten aufgestellt. Der Hedgefonds fordert die rasche Aufspaltung des weltweit größten Chemikalienhändlers, was aber Vorstandschef Christian Kohlpaintner ablehnt. Hätten Primestones Bewerber die Wahl für die zwei freien Posten im Aufsichtsrat gewonnen, hätte der Druck auf Kohlpaintner massiv zugenommen. Schließlich hat das Kontrollgremium nur sechs Mitglieder, so dass Primestone in dem Fall ein Drittel des Aufsichtsrats auf seiner Seite gehabt hätte.

Das virtuelle Aktionärstreffen war mit großer Spannung erwartet worden, weil zwei mächtige US-Aktionärsberater - ISS und Glass Lewis - die Wahlvorschläge von Primestone unterstützt hatten. Viele Fonds folgen bei ihrem Stimmverhalten den Empfehlungen solcher Berater. Somit bestand eine Chance, dass sich Primestone tatsächlich durchsetzen würde. Auf der anderen Seite hatten deutsche Investmentfonds und der Großaktionär Klaus-Michael Kühne angekündigt, gegen Primestones Kandidaten und für die vom Management vorgeschlagenen Bewerber zu stimmen. Am Ende erhielten die zwei Kandidaten des Managements ordentliche Mehrheiten von 62 und 63 Prozent. Abgestimmt hatten Vertreter, die für 83 Prozent der Aktien stehen.

Damit ziehen Richard Ridinger und Suja Chandrasekaran in den Aufsichtsrat des Essener Unternehmens ein. Chandrasekaran gilt als Digitalisierungsexpertin. Ridinger - früher Chef des Schweizer Chemiekonzerns Lonza - wird das Kontrollgremium künftig führen. Primestones Vertreter legte direkt nach Verkündung der Ergebnisse Widerspruch ein. Nach kurzer Prüfung bestätigte die scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Doreen Nowotne aber, dass der Wahlvorgang korrekt verlaufen sei.

Den Kampf für eine Zerschlagung wird Primestone allerdings wohl nicht so schnell aufgeben. Ein New Yorker Investor, Engine Capital, unterstützt diese Forderungen. Beide halten jedoch zusammen nur drei Prozent der Brenntag-Aktien. Solche Fonds, die bei Firmen aggressiv auf einen Strategieschwenk drängen, werden aktivistische Investoren genannt. Bei Brenntag zieht sich das Ringen nun schon ein halbes Jahr hin. Im Dezember protestierte Primestone gegen den Plan der Essener, den US-Rivalen Univar zu kaufen. Es wäre die größte Übernahme der Firmengeschichte gewesen, aber im Januar blies Vorstandschef Kohlpaintner das Geschäft wegen des Widerstands ab. Außerdem verlangten Primestone und Engine Capital, das Unternehmen aufzuspalten.

Der Chef verspricht baldige Entscheidungen

Brenntag ist ein Großhändler für Chemikalien; mit 17 500 Beschäftigten erzielte der Konzern zuletzt gut 19 Milliarden Euro Umsatz. Mehr als die Hälfte entfällt auf die Sparte Brenntag Essentials, die Massenprodukte vertreibt. Die kleinere Sparte Brenntag Specialties widmet sich der Spezialchemie. Die aktivistischen Investoren argumentieren, dass sich die Bereiche nach einer Trennung besser entwickeln und den Aktionären kurzfristig mehr Gewinne bescheren würden. Das Brenntag-Management verweist darauf, dass die beiden Sparten ohnehin bereits zu unabhängigeren Geschäftseinheiten weiterentwickelt würden, mit eigenen Managementansätzen, Strategien und Zielmarken. Die spätere Abspaltung eines Bereichs wird nicht ausgeschlossen, doch im Moment ist es dafür nach Ansicht der Brenntag-Führung zu früh.

Vorstandschef Kohlpaintner versprach aber, dass es bei dem Thema bald Neuigkeiten geben werde: "Wir werden noch vor dem Sommer über konkrete Entscheidungen zur operativen Geschäftsstruktur beider Divisionen informieren", sagte er nach dem Aktionärstreffen. Im Herbst werde er dann "unsere strategischen Schlussfolgerungen zur weiteren Entwicklung" bekanntgeben. Es bleibt spannend in Essen.

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