Luftfahrt:Boeing liefert offenbar keine Papiere zu Arbeit an herausgerissenem Rumpfteil

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Im Januar reißt bei einem Flug einer Boeing-Maschine plötzlich ein Rumpfteil ab - verletzt wird wie durch ein Wunder niemand. (Foto: AP/AP)

Die Untersuchungsbehörde NTSB versucht eigenen Angaben zufolge seit Wochen vergeblich, Unterlagen zu dem Fast-Unglück zu bekommen, das sich Anfang Februar bei einem Flug von Alaska Airlines ereignet hat.

Kritik von US-Unfallermittlern wirft neue Fragen zum Qualitätsmanagement bei Boeing auf: Die Untersuchungsbehörde NTSB versuche seit Wochen vergeblich, Unterlagen zu den Arbeiten an dem Rumpfteil zu bekommen, das Anfang Januar bei einem Flug herausriss, sagte ihre Chefin Jennifer Homendy bei einer Anhörung am Mittwoch. "Entweder es gibt sie, und wir haben sie nicht - oder sie existieren gar nicht", betonte sie. In beiden Fällen drängten sich Fragen auf. Von Boeing hieß es dazu lediglich, wenn die Arbeit "nicht dokumentiert worden wäre, gäbe es auch keine Unterlagen, die man teilen könnte". Ein Sprecher ließ unter Verweis auf die laufende NTSB-Untersuchung die Frage unbeantwortet, ob Boeing nun Aufzeichnungen zu den Arbeitsschritten habe oder nicht.

Das Beinahe-Unglück hatte den Druck auf Boeing verstärkt, für bessere Qualitätsaufsicht in der Produktion zu sorgen. Bei dem Zwischenfall mit einer so gut wie neuen Boeing 737-8 Max der US-Fluggesellschaft Alaska Airlines war kurz nach dem Start im Steigflug ein Rumpf-Fragment an der Reihe 26 herausgebrochen. Die mehr als 170 Menschen an Bord kamen weitgehend mit dem Schrecken davon. Experten verwiesen aber darauf, dass durch einen glücklichen Zufall die beiden Sitze an dem Loch im Rumpf leer geblieben waren.

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Die NTSB geht nach ersten Untersuchungen davon aus, dass vier Befestigungsbolzen an dem Rumpfteil gänzlich fehlten. Es gebe Hinweise darauf, dass das Fragment immer weiter gerutscht sei, bis es dann beim 154. Flug herausbrach, sagte Homendy in der Anhörung im US-Senat. An der Stelle haben Varianten der 737-9 Max mit mehr Sitzen einen Notausgang - bei der Alaska-Maschinen gab es statt einer Tür aber eine Abdeckung der Öffnung als Rumpf-Element. Erste Ermittlungen zeigten, dass im Werk in Renton an dem Teil gearbeitet worden sei.

Die NTSB komme aber nicht an Details heran, beklagte sich Homendy in der Anhörung. "Wir denken, dass wir wissen, an welchen Tagen die Arbeit durchgeführt wurde" - aber nur, weil die Ermittler Informationen aus Bildern und E-Mails zusammengepuzzelt hätten. Auch wisse die Behörde zwar, dass es in Renton ein Team aus 25 Leuten mit einem eigenen Manager gebe, das für Türen zuständig sei. Doch der Manager sei krankgeschrieben und man habe von Boeing nicht die Namen der 25 Mitarbeiter bekommen, um sie zu befragen.

"Es ist absurd, dass wir das nach zwei Monaten nicht haben", kritisierte Homendy. "Wir haben nun nach einer jüngsten Nachfrage die volle Liste der Personen in dem für Türen zuständigen Team zur Verfügung gestellt", teilte ein Sprecher wenige Stunden nach der Anhörung mit.

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