BMW:Die Krise erreicht die Optimisten

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BMW-Chef Oliver Zipse auf der IAA 2019. (Foto: AFP)

BMW wird die Krise stärker treffen als bislang gedacht. Der Konzern streicht bis zu 6000 Stellen zusätzlich.

Von Max Hägler

Die BMW-Manager waren bislang die zuversichtlichsten im Autoland: Noch Mitte März erklärten die Vorstände um Oliver Zipse, die Corona-Krise werde wahrscheinlich gar keine so großen Spuren hinterlassen in der Autowirtschaft. Schließlich ziehe doch der chinesische Markt schon wieder stark an, ähnliches sei für den Rest zu erwarten. Doch nun, einen Monat später, nachdem die Seuche Großbritannien, Frankreich, Italien und die USA stark erfasst hat, ist man auch im Münchner Konzern ernüchtert. Man solle nicht "zu pessimistisch sein, aber auch nicht zu euphorisch", erklärte Konzernchef Oliver Zipse am Mittwoch anlässlich der Zahlen des ersten Quartals.

Die Krise sei doch gravierender und werde die Welt noch deutlich länger beschäftigen, als angenommen. Bereits am Vorabend hatte der Vorstand die Geschäftsziele kassiert - als letzter Autobauer in Deutschland: Höchstens drei Prozent Umsatzrendite hält man für möglich, womöglich gibt es auch gar keinen Gewinn in diesem Jahr. Eine große zweite Pandemiewelle sei da noch gar nicht eingepreist.

In München plant man deshalb nun sogar einen Abbau von mehreren tausend Stellen. Am Ende des Jahres werde eine Mitarbeiterzahl erreicht sein, "die leicht unter dem Niveau des Vorjahres liegen wird", so drückt es BMW aus. Übersetzt bedeutet das einen Rückgang zwischen einem und fünf Prozentpunkten; bei derzeit 126 000 Beschäftigten könnten also bis zu 6000 Stellen gestrichen werden entgegen bisheriger Planung. Zipse erklärte, dass dies wohl ohne Kündigungen abgefangen werden könne, etwa durch die Fluktuation: Im Jahr gehen etwa 2500 Mitarbeiter in Ruhestand, ebenso viele wechseln die Firma. Zugleich würden befristete Verträge nicht verlängert oder Zeitarbeitskräfte nicht länger gebucht.

Die Produktionsausfälle sind gar nicht das größte Geschäftsproblem. Die Werke machen demnächst wieder auf - Dingolfing etwa am 11. Mai. Aber die Nachfrage bleibt schwierig, erläuterte Zipse. Deswegen werde man in Dingolfing, dem größte Werk Europas, absehbar nur einen Ein-Schicht-Betrieb fahren. Mehr Autos werden derzeit schlicht nicht nachgefragt. Deshalb plädiert auch BMW auf eine staatliche Kaufprämie, die alle Antriebsarten umfassen soll.

Finanzchef Nicolas Peter wies zudem darauf hin, dass mehr Autokredite womöglich nicht mehr vertragsgerecht bezahlt werden könnten - und das Ergebnis drücken könnten. Einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag habe man deshalb bereits zurückgestellt. Ein Aufstocken dieser Vorsorge wolle er "nicht ausschließen". Die liquiden Mittel hat der Konzern unterdessen aufgestockt, auch mittels neuer Kreditlinien: Auf knapp 19 Milliarden Euro kann BMW zugreifen, das sind fünf Milliarden Euro mehr als noch vor der Krise. Zugleich werden Investitionen zurückgestellt; ein geplantes Werk in Ungarn etwa wird um ein Jahr nach hinten geschoben.

Bei Umweltauflagen ist der Münchner Autobauer gegen jede Verschiebung. "Forderungen nach Moratorien treten wir entschieden entgegen", sagte BMW-Chef Zipse. Damit sind vor allem die CO2-Grenzen gemeint, die Autobauer einhalten müssen: Etwa 95 Gramm CO2 pro Kilometer sind künftig erlaubt - liegt die "Flotte" darüber, dann werden hohe Strafen fällig. Es gebe keinen Grund diese strengeren Abgasregeln in der Corona-Krise zu kippen, sagte Zipse. Es würden nun zwar weit weniger Autos gekauft, aber das Verhältnis der Antriebsarten habe sich "gar nicht geändert". Eine Verschiebung würde diejenigen belohnen, die sich nicht rechtzeitig vorbereitet hätten. BMW steht tatsächlich dank CO2-armer Plug-In-Hybride und CO2-freier Elektroautos vergleichsweise gut da und könnte die Vorgaben erfüllen. Andere Autofirmen in Europa stehen weniger gut da. Volkswagen etwa könnte in Probleme kommen, weil sich die Auslieferung ihres ersten Massen-E-Autos namens ID.3 verzögert - allerdings nicht wegen der Seuche, sondern aufgrund von Softwareproblemen.

© SZ vom 07.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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