BKA-Razzia:Harter Schlag gegen Geldwäscher

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Schwarzgeld wird oft in bar verschoben und ausgegeben. So findet es seinen Weg in den legalen Kreislauf des Geldes. (Foto: picture alliance / Ulrich Perrey)
  • Das BKA und die Münchner Staatsanwaltschaft haben Immobilien und Konten mutmaßlicher Geldwäscher beschlagnahmt.
  • Das sichergestellte Vermögen hat einen Wert von etwa 50 Millionen Euro.
  • Es stammt aus einem Geldwäschesystem, das "Russischer Waschsalon" genannt wird.

Von Hannes Munzinger und Frederik Obermaier, München

Drei Jahre hatte das Bundeskriminalamt schon ermittelt, bevor am Montag eine dreitägige Razzia begann: In Nürnberg, Regensburg, Mühldorf am Inn und Schwalbach am Taunus sicherten die Beamten vier Immobilien im Wert von rund 40 Millionen Euro. Parallel wurden bei mehreren deutschen Banken Kontoguthaben in Höhe von 6,7 Millionen Euro eingefroren, die die Ermittler zwei beteiligten Immobiliengesellschaften zuordnen. Bei einer lettischen Bank ließen die Ermittler ein Konto sperren, auf das Gelder aus dem Verkauf einer Immobilie in Chemnitz geflossen sein sollen. Insgesamt habe man auf diesem Weg Vermögenswerte in Höhe von rund 50 Millionen Euro gesichert, teilte die Staatsanwaltschaft München I mit, in deren Auftrag das Bundeskriminalamt (BKA) ermittelt hatte.

Die Aktion steht in Zusammenhang mit einem Geldwäschesystem, das als "Russian Laundromat" bekannt geworden ist, also als "Russischer Waschsalon". Über das System wurden seit 2011 innerhalb von drei Jahren Schwarzgeld aus Russland in Höhe von mehr als 22 Milliarden Euro in die Europäische Union geschleust. Laut Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft München I sollen die beschlagnahmten Immobilien mit Erträgen aus diesem "Waschsalon" finanziert worden sein.

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Die Ermittlungen richten sich gegen drei Beschuldigte. Einer davon wohnt in München, weshalb die Münchner Staatsanwaltschaft aktiv werden konnte, die zwei weiteren im Ausland. Im Jahr 2017 hatte im Raum München bereits eine Durchsuchung bei einem Verdächtigen stattgefunden, der die Dienstleistungen des Geldwaschsalons vermittelt haben soll.

Wie aus Behördenkreisen zu hören war, ermittelte das Bundeskriminalamt zunächst gegen einen mutmaßlichen Zigarettenschmuggler wegen eines Geldwäscheverdachts. Der italienische Beschuldigte stellte sich aber als eher kleines Rad in einer größeren Organisation heraus, die aus Lettland betrieben wurde. Auf Konten der lettischen Bank "Trasta Komercbanka" waren auch die Gelder des russischen Waschsalons in die EU gelangt.

Eine Briefkastenfirma kostet weniger als 2000 Euro, dann kann die Schieberei losgehen

Die Ermittler stießen nun auf Firmen, die offenbar Bestandteile dieses Waschsalons waren. Solche Briefkastenfirmen werden für weniger als 2000 Dollar verkauft, sie halten jene Konten, über die das Schwarzgeld dann verschoben wird. Experten bezeichnen dieses Vorgehen als "non-resident banking". Pro Transaktion verlangen die Betreiber des Netzwerkes aus Tausenden Briefkastenfirmen zwischen vier und acht Prozent Provision, sogenannte Schattengebühren. Auf diese Weise sollen nach den derzeitigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft München I allein in den Jahren 2011 bis 2014 etwa 100 Millionen Dollar von meist russischen Auftraggebern erwirtschaftet worden sein. Frühere Recherchen der Süddeutschen Zeitung hatten ergeben, dass diese Gelder auch in den Handel mit Industriegütern wie Baumaterialien, chemischen Stoffen, Maschinen und Anlagen aus Deutschland geflossen sind.

Beim BKA in Wiesbaden ermittelte seit 2015 eine eigene Ermittlungsgruppe im Fall des russischen Waschsalons, die eng mit den Beamten des Zollfahndungsamts Berlin-Brandenburg zusammenarbeitete. Man habe auch mit spezialisierten Ermittlern der Abteilung Wirtschaftskriminalität bei der lettischen Staatspolizei in Riga kooperiert.

Eine lettische Gerichtsvollzieherin sowie ein hochrangiger Mitarbeiter der inzwischen abgewickelten Trasta Komercbanka spielten nach Erkenntnissen der Ermittler entscheidende Rollen. Journalisten des Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) hatten den Laundromat-Mechanismus erstmals beschrieben. Dem OCCRP und der russischen Tageszeitung Nowaya Gazeta waren danach Daten zugespielt worden, die Einblicke in die Mechanik des Waschsalons ermöglichten und die die Süddeutsche Zeitung 2017 mit auswerten konnte. Darunter fanden sich Überweisungen auf deutsche Konten in Höhe von 66,5 Millionen Euro. Mindestens 27 deutsche Banken sollen das Geld verwaltet haben.

"Offensichtlich war es entweder gestohlenes Geld oder aus anderer krimineller Herkunft".

Die Überweisungen kamen stets von der moldauischen Moldindconbank oder der lettischen Trasta Komercbanka. Das Bundeskriminalamt teilte damals noch mit, man habe keine Erkenntnisse über dieses Geldwäschesystem. Eine Direktorin der lettischen Finanzmarktaufsicht sagte zum Ursprung der Gelder, nachdem sie vom OCCRP auf den Fall aufmerksam gemacht worden war: "Offensichtlich war es entweder gestohlenes Geld oder aus anderer krimineller Herkunft". Man vermute eine Gruppe sehr reicher Oligarchen als Hintermänner, hieß es.

In den vergangen Jahren zeigte sich immer wieder, dass es weltweit zahlreiche Organisationen gibt, die sich auf das Verschleiern und Verstecken von Geld spezialisiert haben. Sie nutzen das Finanzsystem und Jurisdiktionen mit schwachen Transparenzanforderungen für Firmen, um Geld aus kriminellen Aktivitäten wie Drogenhandel, Veruntreuung oder anderen dubiosen Quellen in den normalen Geldzyklus zu bringen - also zu waschen.

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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