Bittgang der US-Autobosse:Experten rechnen mit weiteren Hilfen

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Bei ihrem zweiten Auftritt vor dem Kongress bitten die Chefs der drei großen US-Autokonzerne den Bankenausschuss fast demütig um Milliardenhilfe. Experten zufolge nicht zum letzten Mal.

Die Chefs der drei taumelnden US-Autokonzerne General Motors (GM), Ford und Chrysler baten den Kongress am Donnerstag um Milliardenzuschüsse. Staatliche Kredite in Höhe von 34 Milliarden Dollar, sollen die Autobauer vor dem Bankrott bewahren. GM und Chrysler stehen nach eigenen Angaben ohne Finanzspritzen bis Jahresende vor dem Aus. Doch die Demokraten und Republikaner zeigen sich gleichermaßen unbeeindruckt.

Sichtbare Verzweiflung bei GM-Vorstandschef Rick Wagoner. Bislang stoßen die Bemühungen der großen drei Autohersteller auf starke Vorbehalte. (Foto: Foto: AFP)

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte vor der Sitzung des Bankenausschusses, er sehe nicht die erforderliche Mehrheit für eine derartige Unterstützung. Schließlich sei es Sache der Regierung, aus dem 700-Milliarden-Dollar-Paket für die Banken auch die Hilfen an die Automobilbranche abzuzweigen.

Auch der demokratische Ausschussvorsitzende Chris Dodd sieht den Kongress nicht in der Verantwortung. Eine Unterstützung der Autobauer sei jedoch dringend notwendig, so Dodd. Deshalb verwies der Kongressabgeordnete die Bittsteller an die Notenbank. Der Kongressabgeordnete schrieb sogar einen Brief an Fed-Präsident Ben Bernanke mit der Frage, ob es irgendwelche Hindernisse für Kredite der Notenbank an die Automobilkonzerne gebe.

Aus dem Lager der Republikaner gibt es ebenfalls keinen Zuspruch für die Autobauer. Richard Shelby, führender Republikaner im Bankenausschuss des Senats, bemängelte, dass die erbetene Summe in den vergangenen beiden Wochen deutlich erhöht wurde. Die Autobauer müssten sich jetzt erst einmal klarmachen, wie sie das Geld den Steuerzahlern überhaupt zurückzahlen wollten, sagte Shelby.

Nach Ansicht von Experten brauchen General Motors(GM), Ford und Chrysler deutlich mehr Geld als beim Kongress beantragt. Angesichts der vorhergesagten Verkaufsrückgänge bräuchte die Autobranche 75 bis 125 Milliarden Dollar, sagte Moody's Chefvolkswirt Mark Zandi. Es gebe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Hersteller zu einem späteren Zeitpunkt um weitere Hilfen bitten würden, erklärte der Experte. Gleichwohl hätte das Aus eines Herstellers aus Detroit "katastrophale Auswirkungen für die Wirtschaft", erklärte Zandi.

"Sollte einer der 'Großen Drei' aus Detroit untergehen, würde eine große Zahl an Zulieferern mit untergehen", warnte auch Keith Wandell, der Chef der Zulieferers Johnson Controls, in der Anhörung. Die Experten sagten zusammen mit den Chefs von GM, Ford und Chrysler im US-Kongress aus.

UAW zu Zugeständnissen bereit

Immerhin zeigten sich die Chefs der "Großen Drei" reumütig . "Wir sind heute hier, weil wir Fehler gemacht haben", sagte GM-Vorstandschef Rick Wagoner vor dem Bankenausschuss.

Chrysler-Chef Bob Nardelli erklärte, er habe nie an einer wichtigeren Sitzung teilgenommen. Außerdem kündigten Wagoner und Ford-Chef Alan Mulally an, bei staatlicher Hilfe ihr persönliches Jahresgehalt auf einen Dollar begrenzen zu wollen. Nardelli hat diesen Schritt bereits vollzogen.

Um zu demonstrieren, dass sie ihre Firmenstrategie bereits erneuert hätten, führten die Detroiter Konzerne vor dem Kapitol neue Automodelle mit geringem Benzinverbrauch vor. All diese Maßnahmen dienen offenbar dazu, Abgeordnete und Öffentlichkeit gnädig zu stimmen.

Zudem hat sich die Autoarbeitergewerkschaft UAW zu Zugeständnissen bereit erklärt, um den Konzernen zu helfen. So sollen unter anderem Zahlungen der Konzerne in Höhe von mehreren Milliarden Dollar an einen Gesundheitsfonds gestundet werden. Außerdem will UAW die sogenannte Jobs-Bank aussetzten. Diese Einrichtung sichert entlassenen Mitarbeitern bis zu 95 Prozent ihres Gehalts. In den Jobs-Bank-Programmen sind derzeit rund 3.500 Arbeiter vom GM, Chrysler und Ford registriert.

Die Anhörungen der Vorstandschefs sind auf zwei Tage angesetzt. Die Autobauer legen diesmal getrennte Rettungspläne vor, die eine massive Umstrukturierung vorsehen. GM will vom Staat einen Notkredit über zwölf Milliarden Dollar, wobei vier Milliarden sofort überwiesen werden sollen. Außerdem wünscht sich die Opel-Mutter zur Absicherung weiterer Risiken eine zusätzliche Kreditoption auf sechs Milliarden Dollar. Chrysler hat seinen Finanzbedarf bis zum Jahresende mit sieben Milliarden Dollar angegeben, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Ford hat eine Kreditlinie von neun Milliarden Dollar beantragt.

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