Corona-Pandemie:Die letzten in der Reihe

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Südafrikaner erhalten in einem Impfzentrum in der Nähe von Johannesburg ein Covid-Vakzin. (Foto: Waldo Swiegers/Bloomberg)

Industrieländer sicherten sich früh Impfstoff, während ärmere Länder weiter warten. Nun lassen Biontech und Pfizer in einer südafrikanischen Firma produzieren.

Von Elisabeth Dostert

Das südafrikanische Unternehmen Biovac soll schon bald den Impfstoff von Biotech und Pfizer in Kapstadt abfüllen und verpacken. Der Technologietransfer beginne sofort. Die ersten Dosen sollen Anfang 2022 ausgeliefert werden. Die Jahreskapazität belaufe sich auf "mehr als 100 Millionen Dosen", teilten Biontech und Pfizer am Mittwoch mit. Die Produktion sei "ausschließlich" für die 55 Staaten der Afrikanischen Union bestimmt.

Wie viel eine Dosis in Afrika kosten soll, gaben die Konzerne nicht bekannt. Zur Preisgestaltung hatte sich Pfizer-Chef Albert Bourla im Mai in einem offenen Brief geäußert, allerdings nur vage. Er koppelte die Preise an die Wirtschaftskraft. Wohlhabende Staaten kostet eine Dosis so viel wie ein "Takeaway-Meal", also eine Mahlzeit, die man mal eben im Laden so mitnimmt. Für Staaten mit mittleren Einkommen sei der Preis etwa halb so hoch. Einkommensschwachen Länder werde der Impfstoff zum Selbstkostenpreis angeboten. Das heißt, die Kosten sind gedeckt, aber der Hersteller verdient nichts dran. Viele der ärmsten Länder, schrieb Bourla, würden den Impfstoff als Spende erhalten.

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Bislang haben sich vor allem Industrieländer Impfstoff gesichert. Nach Erhebungen des Global Health Innovation Center der US-Universität Duke haben Staaten mit hohem Einkommen wie die USA und Großbritannien schon im Frühjahr 2020, also wenige Monate nach Ausbruch der Pandemie und lange bevor das erste Produkt zugelassen wurde, begonnen, in großem Stil Impfstoff zu bestellen. Bis Mitte vergangenen Monates seien insgesamt knapp zwölf Milliarden Dosen verschiedener Anbieter gekauft worden, über weitere sechs Milliarden Dosen werde verhandelt. In den Zahlen nicht enthalten seien die Käufe der internationalen Beschaffungsinitiative Covax und, aufgrund der mangelhaften Datenlage, die inländische Versorgung in Russland und China.

Manche Staaten, wie Kanada, haben nach Berechnungen der Duke-Wissenschaftler mittlerweile so viel Impstoff gekauft und fest bestellt, dass sie ihre komplette Bevölkerung impfen können. Gekauft und bestellt heißt allerdings noch nicht geliefert und verabreicht. Viele ärmere Länder in Afrika, Lateinamerika und Asien seien davon weit entfernt. In den vergangenen Wochen mehren sich deshalb die Stimmen und die Bündnisse, die eine Freigabe der Patente für Corona-Impfstoffe fordern, um allen Menschen schneller zu Impfstoffen zu verhelfen. Der "The People's Vaccine Alliance", etwa, haben sich mittlerweile nach eigenen Angaben mehr als 65 Nicht-Regierungsorganisationen angeschlossen, darunter "Brot für die Welt", Oxfam und Amnesty International.

Der Unmut in afrikanischen Ländern wächst

Länder wie Südafrika trifft die Pandemie hart. Nach Angaben der John Hopkins University gibt es bis heute 2,3 Millionen bestätigte Corona-Fälle, fast 68 000 Menschen starben. Erst 2,9 Prozent der Bevölkerung sind komplett geimpft. Schon Mitte Januar stufte das Robert Koch Institut das Land als Virusvariantengebiet ein. Die Delta-Variante breitet sich rasant aus. Das Land steckt in der dritten Welle. Bei einem Gipfeltreffen Mitte Mai über Finanzierungshilfen für den ganzen Kontinent, warnte IWF-Chefin Kristalina Georgieva vor einer "gefährlichen Divergenz", weil das Wirtschaftswachstum in Afrika 2021 mit prognostiziert 3,2 Prozent nur halb so stark ausfallen werde wie das globale Wachstum. "Es müsste umgekehrt sein", sagte Georgieva. Afrika müsse schneller wachsen als die Welt, um die Hoffnungen einer jungen Bevölkerung zu erfüllen. "Wir müssen die Pandemie zu einem dauerhaften Ende bringen und das Wachstum in Afrika ankurbeln", so Georgieva. Alle müssten überall geimpft werden, "eine Dosis für eine bessere Zukunft".

Der Unmut wächst. Strive Masiyiwa, Corona-Beauftrager der Afrikanischen Union, kritisierte Anfang Juli die EU. "Keine einzige Dosis hat die Produktionsstätten in der EU verlassen, die nach Afrika ging - wir wurden an Indien verwiesen", sagte es. Es sei an der Zeit, dass Europa die Produktionsstätten öffne. Afrika benötige dringend Covid-19-Impfstoffe. Von den für dieses Jahr geplanten 700 Millionen Dosen seien erst 65 Millionen auf dem Kontinent.

Die USA will Dosen spenden

Biontech und Pfizer haben nach eigenen Angaben bislang mehr als eine Milliarde Dosen ihres Covid-19-Impfstoffes in mehr als 100 Länder und Regionen geliefert. Man arbeite mit Regierungen und globalen Partnern zusammen, um in den Jahren 2021 und 2022 zwei Milliarden Dosen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitzustellen. Dies beinhalte auch eine vor kurzem mit der US-Regierung geschlossene Lieferung von einer halben Milliarde Dosen zu einem "einem gemeinnützigen Preis". Die USA würden den Impfstoff an Staaten mit niedrigem und niedrigem mittleren Einkommen spenden. Dazu zählen Staaten mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von weniger als 4000 Dollar. Mit Covax sei die Lieferung von mehr als 40 Millionen Dosen vereinbart.

Biontech und Pfizer sind nicht die ersten, die einen Covid-19-Impfstoff in Südafrika herstellen lassen. Schon im November schloss der US-Konzern Johnson & Johnson einen Vertrag mit Aspen Pharmacare. Das Werk in Gqeberha (früher: Port Elizabeth), wo der Vektor-Impfstoff finalisiert und abgefüllt werde, sei auf eine Kapazität von mehr als 300 Millionen Dosen jährlich ausgelegt. In der Zusammenarbeit gab es zuletzt Rückschläge. Wie Aspen Mitte Juni bekannt gab, mussten wegen Problemen beim Johnson&Johnson-Zulieferer Emergent in den USA auch für Südafrika bestimmte Chargen vernichtet werden.

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