Urteil:BGH verschärft Aufklärungspflichten von Immobilienverkäufern

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Das Ihme-Zentrum in Hannover ist ein Wohn- und Bürokomplex am Ufer der Ihme im Stadtteil Linden. Es gilt seit Jahren als sanierungsbedürftig. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Welche Kosten kommen beim Kauf eines Hauses auf mich zu - und muss ich die Informationen selbst zusammensuchen oder muss der Verkäufer sie liefern? Dazu hat nun der BGH geurteilt.

Verkäufer von Immobilien müssen Käufer zum Beispiel über anstehende Sanierungskosten ausreichend aufklären. Unterlagen dazu kurz vor dem geplanten Vertragsabschluss in einen virtuellen Datenraum zu stellen ohne entsprechenden Hinweis reicht aus Sicht des Bundesgerichtshofs (BGH) nicht aus. Nur in Einzelfällen sei keine Aufklärung nötig, sagte die Vorsitzende Richterin des fünften Zivilsenats am Freitag in Karlsruhe. Dabei komme es unter anderem darauf an, welche Vereinbarungen es zur Nutzung des Datenraums gab und wie wichtig die Information ist, um die es geht.

Konkret ging es um einen Fall aus Hannover und Sanierungskosten in Millionenhöhe. Das Oberlandesgericht Celle hatte die Verantwortung vor allem bei der Käuferin gesehen, sich alle nötigen Informationen vor Vertragsabschluss zu besorgen. Der BGH hob das Urteil nun im Wesentlichen auf. Das Oberlandesgericht müsse noch einmal dazu verhandeln und entscheidende Fragen klären, die noch offen seien.

Eine Firma hatte mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex - dem Ihme-Zentrum im Stadtteil Linden - für mehr als 1,5 Millionen Euro gekauft. Sie fühlt sich arglistig getäuscht, weil sie zu spät erfahren habe, dass hohe Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums auf sie zukommen könnten.

Die Verkäuferin hatte das Protokoll zu einer wichtigen Eigentümerversammlung drei Tage vor Vertragsabschluss in einen digitalen Datenraum gestellt. Aus Sicht der Klägerin geschah das "klammheimlich" und wurde ihr somit "untergeschoben". Für die Arbeiten waren bis zu 50 Millionen Euro angesetzt worden. Weil die Mehrheitseignerin nicht zahlen wollte, landete der Fall vor Gericht. Das Verfahren endete Anfang 2020 mit einem Vergleich, nach dem die Eigentümer der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage zahlen sollten. Daraufhin focht die Klägerin den Kaufvertrag an.

In diesem hatte die Verkäuferin unter anderem versichert, dass mit einer Ausnahme keine Sonderumlagen beschlossen worden seien. Weiter hieß es darin, die Verkäuferin habe der Käuferin Protokolle der Eigentümerversammlungen der vergangenen drei Jahre übergeben, und die Käuferin kenne den Inhalt der Unterlagen.

Der BGH-Anwalt der Verkäuferin sagte, die Käuferin habe den Vertragstext elf Tage vor Unterzeichnung gekannt. Wenn sie dann keine Nachfragen stelle, sei das "strammes Verschulden gegen sich selbst". Der Käufer müsse sorgfältig schauen, welche Informationen er braucht und hat. Der BGH-Anwalt der Käuferin war der Ansicht, der Verkäufer müsse in einem Datenraum von vornherein ein umfassendes Bild vermitteln. Wenn etwas nachgeschoben wird, müsse er darauf hinweisen. Der BGH dürfte sich dazu äußern, welche Perspektive richtig ist. Auch könnte es laut Brückner einen Unterschied machen, ob die Unterlagen als Sachverständigengutachten gedacht sind, in denen man gezielt nach Mängeln sucht, oder zu Finanzierungsfragen an eine Bank gehen sollen.

Laut dem Immobilienverband IVD findet eine Ankaufsuntersuchung - auch Due-Diligence-Prüfung genannt - praktisch immer statt. "Jeder Käufer prüft vor einem Kauf, ob das Objekt den Erwartungen entspricht", hatte der stellvertretende IVD-Bundesgeschäftsführer, Christian Osthus, damals erklärt. In der Regel erfolge das nicht organisiert oder über Dritte. "Das ist tatsächlich nur bei größeren Transaktionen der Fall oder wenn es der Gepflogenheit des Käufers entspricht."

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