Bundesgerichtshof:Richter lehnen Gebühren für die Reservierung von Immobilien ab

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Immobilienkäufer, die noch Bedenkzeit brauchen und sich ein Haus aber eine Zeitlang sichern wollen, müssen für diese Leistung nichts bezahlen. (Foto: complize/imago images/Shotshop)

Immobilienmakler dürfen kein Geld dafür verlangen, dass sie Kaufwilligen ein Objekt wochenlang exklusiv sichern. Kunden dürfen Rückzahlung fordern.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Wer eine Immobilie kauft, hat sich normalerweise längst damit abgefunden, dass er dann einen saftigen Betrag an den Makler überweisen muss. Wirklich gern zahlt niemand, aber wer ein passendes Haus oder eine nette Wohnung gefunden hat, nimmt die Gebühr als lästiges Schicksal hin. Doch die angespannten Wohnungsmärkte in den begehrten Lagen haben nun eine weitere Gebührenvariante hervorgebracht: Gegen eine "Reservierungsgebühr" sagen Makler ihren Kunden zu, ihnen die Immobilie für einige Wochen exklusiv zu sichern.

Wie verbreitet diese bizarre Form der Profitmaximierung bereits ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Jedenfalls wartete die Branche gespannt darauf, ob der Bundesgerichtshof (BGH) diesen neuen Kniff billigen würde. Seit diesem Mittwoch ist klar: Reservierungsgebühren sind unwirksam - der Kunde kann ihre Rückzahlung verlangen, wenn er doch nicht kauft.

Auslöser des Rechtsstreits war der geplante Kauf eines Einfamilienhauses im Raum Dresden. Der Kunde war interessiert, konnte sich aber nicht so schnell entscheiden, weshalb er sich auf einen weiteren Deal mit seinem Makler einließ. Gegen eine Reservierungsgebühr von 4200 Euro - immerhin ein Prozent der Kaufsumme - sagte ihm der Makler zu, den Hausverkauf für einen Monat zurückzuhalten, exklusiv zu seinen Gunsten. Falls es zum Verkauf komme, werde der Betrag auf die eigentliche Maklergebühr angerechnet.

Doch am Ende platzte das Geschäft, und der verhinderte Käufer forderte sein Geld zurück. Der Makler hingegen blieb stur und behielt das Geld. Wenn der Kunde eine Vereinbarung über eine Reservierungsgebühr unterschreibe, dann sei das eine Frage der Privatautonomie - Vertrag ist Vertrag.

Der BGH sah das anders. Aus seiner Sicht ist eine solche Reservierung kein separater Vertrag, sondern lediglich ein Anhängsel der ursprünglichen Vereinbarung mit dem Makler. Damit aber ist der Fall auf einer juristischen Schiene, die dem BGH eine inhaltliche Kontrolle der Vertragsklauseln eröffnet. Es gilt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, da geht es um ein Machtgefälle, das ausgeglichen, und um die Fairness, die hergestellt werden muss zwischen den Vertragspartnern. Das ist der Job der Richter. Die Privatautonomie muss zurückstehen.

Der Eigentümer ist sowieso nicht an die Zusage des Maklers gebunden

Und hier fiel das Ergebnis der richterlichen Prüfung eindeutig aus: Eine Reservierungsgebühr dient fast ausschließlich dem Interesse des Maklers. Der Kaufinteressent hat dem BGH zufolge schon deshalb nicht viel davon. Zwar könne ihm der Makler die Immobilie exklusiv zusagen, aber der Eigentümer sei dadurch nicht gebunden. Der Kunde laufe daher Gefahr, einen nicht unerheblichen Betrag an den Makler zu zahlen, ohne am Ende den Zuschlag zu bekommen, sagte der Senatsvorsitzende Thomas Koch bei der Urteilsverkündung.

Ein weiterer Punkt: Durch eine solche Gebühr wird laut BGH Druck auf den Interessenten ausgeübt, die Immobilie zu kaufen - weil er das Geld nicht umsonst ausgegeben haben will. Damit ist er letztlich nicht mehr frei in seiner Kaufentscheidung. Hinzu kommt, dass der Makler aus Sicht des Gerichts keine wirklich relevante Gegenleistung erbringt, jedenfalls im konkreten Fall. Die Immobilie sollte lediglich für einen Monat reserviert werden - kaum anzunehmen, dass dem Makler in dieser kurzen Frist ein anderer Käufer durch die Lappen geht. Zudem sollte der Kaufinteressent die Gebühr selbst dann nicht zurückbekommen, wenn er nicht für das Scheitern des Kaufs verantwortlich gewesen wäre.

Alles in allem ist die Klausel daher laut BGH unangemessen und unwirksam. Dabei spielte auch eine Rolle, dass eine Gebühr ohne Kauf einer erfolgsunabhängigen Provision gleichkommt - was aber gerade nicht dem typischen Leitbild des Maklervertrags entspricht. Denn für solche Vereinbarungen ist es kennzeichnend, dass nur dann gezahlt wird, wenn der Deal zustande kommt.

Bleibt die Frage, ob das Karlsruher Urteil dem Gebührenunwesen tatsächlich ein Ende bereitet. Oder ob doch noch Raum bleibt, den händeringend nach Immobilien suchenden Kunden die eine oder andere Sonderzahlung abzuverlangen. Der BGH scheint jedenfalls sehr klar auf Seiten der Kaufinteressenten zu stehen. 2010 hatte er schon einmal eine solche Gebühr für unwirksam erklärt, und der Senatsvorsitzende Koch hinterließ bei der Urteilsverkündung den Eindruck, dass der BGH auch in Zukunft bei dieser Linie bleiben wird.

Darauf deuten auch die konkreten Umstände des Falls hin: Seit der Unterschrift unter den Maklervertrag bis zur Vereinbarung der Reservierungsgebühr war ein ganzes Jahr vergangen, zudem wurde dafür ein neues Dokument erstellt. Trotzdem war dies laut BGH kein separater Vertrag - das seien bloß Formalien, sagte Koch. "Damit kann man die Gebührenvereinbarung nicht der richterlichen Kontrolle entziehen."

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