Beschwerden:So meckern Sie richtig

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Meckern muss manchmal sein. Doch damit die Botschaft auch wirkt wie gewünscht, kommt es auf den Ton an. (Foto: dpa)

Einfach drauf losschimpfen lohnt sich nicht. Sechs Tipps, wie Sie bei Beschwerden das Beste für sich herausholen.

Von Felicitas Wilke

Das Schnitzel sei fettig gewesen, klagt ein Kunde auf der Bewertungsplattform Trip-advisor über eine Münchner Kneipe, und die Pommes dort schmeckten "fettig und labbrig". Wer sich ärgert, lässt gern Dampf ab. Das gilt nicht nur im Privatleben, sondern auch in Beziehungen zwischen Kunden und Unternehmen. Tag für Tag melden sich leidgeplagte Verbraucher bei Gastronomen, Reiseveranstaltern, Banken oder Telekommunikationsanbietern, um negatives Feedback loszuwerden.

Weil Dienstleistungen weniger gut standardisierbar sind als greifbare Produkte und die Qualität deshalb stärker schwankt, müssen Unternehmen in diesem Sektor besonders oft mit Beschwerden umgehen. Manchmal können sich Verbraucher auf gesetzliche Regelungen berufen und eine Entschädigung einfordern. So stehen Flugreisenden bis zu 600 Euro zu, wenn sie auf dem gebuchten Flug nicht mitgenommen wurden, etwa weil er überbucht war. Doch nicht für alle Ärgernisse des Alltags gibt es ein Gesetz. In vielen Situationen sind Verbraucher auf die Kulanz ihres Gegenübers angewiesen. "Inzwischen kommen einige Unternehmen ihren Kunden mehr entgegen, als sie rechtlich müssten", sagt Jens Hogreve, Professor für Dienstleistungsmanagement an der Universität Eichstätt-Ingolstadt.

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In Zeiten, in denen Kunden ihre Beschwerden über soziale Netzwerke und Bewertungsplattformen an die Öffentlichkeit tragen können, stehen die Unternehmen zunehmend unter Druck, ihre unzufriedenen Kunden zu besänftigen. Wer einfach drauflosschimpft, hat im Zweifel trotzdem geringere Chancen auf eine zufriedenstellende Wiedergutmachung. Denn egal, ob die Kunden ihre Beschwerde persönlich, schriftlich oder am Telefon vortragen - auf der anderen Seite sitzt in der Regel ein Mensch, der sich freut, wie ein solcher behandelt zu werden. Sechs Tipps für effizientes und respektvolles Meckern.

Den perfekten Zeitpunkt finden

Wenn es um den richtigen Moment fürs Beanstanden geht, brauchen Kunden Feingefühl. "Beschwert man sich, wenn der Ärger noch frisch ist, dann neigt man dazu, nicht mehr sachlich zu denken und die Situation zu dramatisieren", sagt Nina Lowitzki, die als selbständige Kommunikationsberaterin in Berlin arbeitet. Um das Problem sachlich lösen zu können, sollte man kurz abwarten, rät sie. Für Ulla Schnee, Expertin für Konfliktmanagement aus Düsseldorf, ist der richtige Zeitpunkt dann gekommen, wenn man über das negative Gefühl sprechen kann - "und nicht aus dem Gefühl heraus".

Zu lange sollte man jedoch nicht warten, sonst droht die Beschwerde nicht mehr ernst genommen zu werden. In manchen Situationen drängt die Zeit besonders. Schmeckt die Gans im Restaurant staubtrocken, sollten Gäste reagieren, solange der Teller noch nicht leer ist. Sonst geraten sie schnell in Verdacht, sich nur die Rechnung sparen zu wollen. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, kurz an die frische Luft zu gehen und sich abzureagieren, bevor man den Kellner anspricht.

Das Problem aufschreiben

Wer sauer ist, neigt zum verbalen Rundumschlag. Eigentlich wollte man sich nur bei der Krankenkasse beschweren, dass eine bestimmte Leistung nicht übernommen wurde - aber wenn man den Mitarbeiter schon mal am Telefon hat, lässt sich auch wunderbar über die erhöhten Beiträge schimpfen. Das kann zum Problem werden, weil der Gesprächspartner am Ende gar nicht mehr weiß, um was es eigentlich geht. "Beim Beschweren ist Klarheit wichtig", sagt Schnee. Sie empfiehlt verärgerten Kunden, sich der konkreten Umstände des Problems klar zu werden und sie aufzuschreiben. So laufe man weniger Gefahr, vom Thema und Ziel der Beschwerde abzuschweifen.

Aus der Ich-Perspektive formulieren

Wird die Lieblingszeitschrift zwei Wochen lang nicht zugestellt, nervt das den treuen Leser. Denn er wird in der Zwischenzeit nicht informiert und unterhalten. Genau diese Konsequenzen für sich selbst sollten verärgerte Verbraucher ihrem Gegenüber schildern, um die Beschwerde greifbar zu machen. "Oftmals hat man mehr Erfolg, wenn man seine Botschaft aus der Ich-Perspektive heraus formuliert", sagt Kommunikationsfachfrau Lowitzki. Sogenannte Du-Botschaften, also Vorwürfe und Anklagen an die Gegenseite, seien eher hinderlich und förderten mehr den Konflikt als die Lösung.

Offen für kreative Lösungen bleiben

Ob auf dem Basar im Urlaub oder mit dem Chef bei der Gehaltsverhandlung - gefeilscht hat fast jeder Mensch schon mal. Auch wenn es ums Beschweren geht, können sich Verbraucher vorher ein Mindestziel setzen, das sie als Wiedergutmachung erreichen wollen. "Man sollte es aber nicht gleich zu Beginn des Gesprächs als Forderung verbalisieren", rät Kommunikationsexpertin Lowitzki, denn dann könne sich die Gegenseite schnell unter Druck gesetzt fühlen und mit Gegendruck reagieren. Verärgerte Kunden sollten nicht zu festgefahren und auch für kreative Angebote offen sein, findet Lowitzki.

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Den richtigen Ton treffen

"Wer sich unfreundlich und unsachlich beschwert, läuft Gefahr, sein Gegenüber wütend zu machen", warnt Konfliktberaterin Schnee. Die vorher abgesteckten Ziele erreiche man auf diese Weise nicht. Bleibt man höflich, hört der Gesprächspartner eher zu und versucht, sich in die Situation des Kunden zu versetzen. Wer sich vor lauter Wut nicht in der Lage sieht, respektvoll zu bleiben, sollte lieber noch mal tief durchatmen, sich sammeln und den Absatz zum richtigen Zeitpunkt lesen.

Hartnäckig bleiben

Falls der Ansprechpartner im Callcenter nicht die Befugnis hat, unzufriedene Kunden zu entschädigen, sollte man nicht gleich aufgeben. Verbraucher können sich in diesem Fall mit dem Vorgesetzten verbinden lassen oder andere Kanäle, zum Beispiel den Live-Chat, nutzen. Manchmal könne auch ein Brief effektiv wirken, sagt Nina Lowitzki. "Er macht deutlich, dass einem die Lösung des Problems wichtig ist und man nicht einfach klein beigibt."

Wer Druck ausüben will, kann sich auch über die sozialen Netzwerke beim Unternehmen beschweren. Verbraucher sollten aber beachten, dass sie das Unternehmen damit öffentlich an den Pranger stellen. Es ist daher fair, sein Glück erst einmal über andere Kanäle zu probieren.

© SZ vom 17.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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