Bankenkrise:Spanien soll Antrag auf Rettungsschirm-Hilfen planen

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Schlüpft jetzt die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone unter den Rettungsschirm? Mehrere nicht genannte Quellen aus EU-Kreisen behaupten, dass Spanien dies am Wochenende plane. Die Regierung in Madrid kommentiert die Nachricht nicht - und die Aktienmärkte reagieren überraschend zurückhaltend.

Die spanische Regierung könnte offenbar am Wochenende Finanzhilfen für die angeschlagenen Banken des Landes beantragen. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert mehrere EU-Diplomaten und eine deutsche Quelle, die dies sagen.

"Die Ankündigung wird für Samstagnachmittag erwartet", sagte demzufolge ein EU-Vertreter. Zuvor werde in einer Telefonkonferenz der Euro-Gruppe am Samstag über Einzelheiten gesprochen.

Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Dow Jones wollte die spanische Regierung die Meldung zunächst nicht kommentieren. Später hieß es vonseiten der Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria: "Es sind keine Entscheidungen, in welche Richtung auch immer, getroffen worden".

Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, bisher sei noch kein Antrag aus Madrid eingegangen. "Es gibt keine Neuigkeiten zu einer spanischen Anfrage. Falls ein Antrag kommen sollte, stehen die passenden Instrumente bereit und können gemäß den vereinbarten Leitlinien eingesetzt werden."

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bekräftigt, dass die Bundesregierung kein Land der Euro-Zone unter den Rettungsschirm dränge. Die Instrumente zur Stabilisierung der Euro-Zone stünden bereit. Die Entscheidung über einen Antrag für Hilfen liege aber allein bei den Regierungen der einzelnen Länder. "Das ist bisher nicht geschehen und deshalb wird Deutschland hier auch keinen Druck oder irgendetwas ausüben",sagte die Kanzlerin.

Die deutschen Banken befürworten eine Unterstützung Spaniens durch den europäischen Rettungsschirm EFSF. "Sollte Spanien tatsächlich Hilfe benötigen, um seine Banken zu rekapitalisieren, sollte das Land nicht zögern, diese vom EU-Rettungsschirm EFSF anzunehmen", erklärte der Präsident des Bankenverbandes, Andreas Schmitz, in Berlin.

Spanien retten - aber wie?

Die Märkte reagierten kaum auf die Nachricht. Viele Händler haben bereits mit einem solchen Schritt gerechnet, denn hinter den Kulissen wird seit Tagen über Hilfe für Spanien verhandelt. Es steht zur Debatte, dass Spanien möglicherwiese nicht auf dem Standardweg unter den Rettungsschirm schlüpft. Stattdessen könnte Geld aus dem Euro-Schutzschirm direkt an den spanischen Bankenrettungsfonds (Frob) gezahlt werden. Im Gegenzug müsste die Regierung in Madrid zusagen, den Finanzsektor zu reformieren. Andererseits müsste Spanien in diesem Fall anders als etwa Griechenland kein hartes Sparprogramm durchziehen. Spaniens Souveränität würde nicht so stark angetastet. Die neue Reuters-Meldung lässt diese Frage offen.

Eine weitere Idee kursiert derzeit offenbar innerhalb der spanischen Regierung: Die Nachrichtenagentur dpa berichtet unter Berufung auf gut informierte Kreise, dass Madrid eine Umwidmung von Gelder aus EU-Strukturprogrammen erreichen wolle. Gelder, die eigentlich für die Förderung wachstumsschwacher Regionen gedacht sind, könnten dann für die Bankenrettung verwendet werden. Damit wolle die konservative Regierung erreichen, dass die Auflagen für EU-Hilfen möglichst gering bleiben.

Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone und droht wegen der massiven Bankenkrise im Land tiefer in die Schuldenkrise zu geraten. Die Ratingagentur Fitch hatte die Kreditwürdigkeit des Euro-Krisenlandes am Donnerstag um drei Stufen von "A" auf "BBB" herabgestuft. Damit wird Spanien nur noch zwei Stufen über Ramsch-Niveau bewertet. Zudem ist der Ausblick negativ, das heißt, die Wahrscheinlichkeit weiterer Herabstufungen überwiegt mittelfristig.

Die Banken des Landes leiden unter der Last fauler Immobilienkredite und brauchen für ihre Sanierung vermutlich deutlich mehr Geld als bisher angenommen. Die Hilfen könnten sich auf bis zu 100 Milliarden Euro summieren, sagte Antonio López-Istúriz, Europaparlamentarier und Parteifreund von Ministerpräsident Mariano Rajoy, am Donnerstag. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sprach von 40 Milliarden Euro zusätzlich notwendigem Kapital.

Warten auf den Bankenstresstest

Die Regierung in Madrid hatte in den vergangenen Tagen erklärt, noch nicht entschieden zu haben, ob sie in Brüssel Hilfen für die Banken beantragen wird. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Luis de Guindos will sie erst Gutachten des Weltwährungsfonds (IWF) und zweier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften abwarten, die Aufschluss über die Lage des spanischen Bankensektors geben sollen.

Die EU könnte die Hilfen auf ihrem Gipfeltreffen in zwei Wochen beschließen. Fraglich ist dabei, ob die Mittel aus dem vorläufigen Rettungsschirm EFSF kommem oder aus dem dauerhaften Rettungsmechanismus ESM, der Anfang Juli seine Arbeit aufnehmen soll.

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