Banken:Ermittler: Hypo Alpe Adria ist beispielloser Krimi

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Wien (dpa) - Der Fall der Hypo Alpe Adria ist nach den Worten des internen Ermittlers Christian Böhler "der größte Kriminalfall Europas nach dem Zweiten Weltkrieg". Ermittlungen in dieser Dimension habe es bisher nicht gegeben.

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Wien (dpa) - Der Fall der Hypo Alpe Adria ist nach den Worten des internen Ermittlers Christian Böhler „der größte Kriminalfall Europas nach dem Zweiten Weltkrieg“. Ermittlungen in dieser Dimension habe es bisher nicht gegeben.

„Wir haben mit unseren 15 Mitarbeitern allein 6,5 Millionen elektronischer Dokumente zu sichten“, sagte Böhler der Wiener Tageszeitung „Der Standard“. Die Banker der Hypo Alpe Adria (HGAA) hätten in Südosteuropa oft mit Schwerstkriminellen, Geheimdienstlern, Militärs und hochrangigen, bestechlichen Politikern kooperiert. „Kleine Provinzbanker, die sich mit solchen Leuten ins Bett legen, müssen mit Problemen rechnen“, sagte der Chefermittler dem Blatt.

Die kriselnde HGAA hatte sich mit Geschäften auf dem Balkan völlig verspekuliert. Die BayernLB hatte die Hypo 2007 gekauft und nach Milliardenverlusten 2009 an Österreich zurückgegeben, wo sie notverstaatlicht wurde. Dem österreichischen Steuerzahler drohen mehrere Milliarden Euro an weiteren Rettungsgeldern.

Laut Böhler sollen frühere Chefs der HGAA Geld abgezweigt und sich so persönlich an der ehemaligen BayernLB-Tochter bereichert haben. Zwei ehemalige Vorstandsmitglieder seien angezeigt worden, sagte Böhler, ohne Namen zu nennen. Weitere Anzeigen könnten folgen.

Nach dem Jugoslawien-Krieg expandierte die ehemalige Kärntner Landesbank aggressiv am Balkan. Das dort investierte Geld sei in fragwürdigen Projekten und Schmiergeldern verschwunden. Es konnte jedoch nachverfolgt werden, sagte Böhler: „In den meisten Fällen hat sich nach unseren Recherchen eine Handvoll Bankmanager etlicher Strohmänner auf der Kundenseite bedient und mit deren Hilfe systematisch Geld aus der Bank gezogen.“ Zum Beispiel habe ein Banker Geld der HGAA über ein Kundenkonto in Liechtenstein reingewaschen und sich damit bereichert oder es für Bestechungen genutzt.

Viele Geschäfte hätten jeder Vernunft entbehrt, sagte Böhler weiter. „Es ging darum, Geld zu machen, den Umsatz zu steigern und Boni zu kassieren. An Nachhaltigkeit hat niemand gedacht.“ Die Hypo in Liechtenstein habe im System eine Schlüsselrolle gespielt. Dort hätten die Ermittler rund 1700 Namen und Konten gecheckt, davon könnten möglicherweise 300 Konten mit kriminellen Vortaten zusammenpassen. „Da werden wir 30 bis 50 Sachverhalte anzeigen“, sagte Böhler weiter. „Liechtenstein war eine Waschmaschine für Schwarzgeld und eine Einrichtung, um Zahlungsflüsse zu verschleiern.“

Die Recherchen der Ermittler dürften noch zwei, drei Jahre dauern. „Pfeif-mir-nichts-Kapitalismus plus Gier plus kriminelle Energie: Das war die Hypo“, sagte Böhler.

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