Tarifkonflikt:Der nächste Bahnstreik droht

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Mitte April waren die Bahngleise schon mal leer, weil die Gewerkschaft EVG zu Warnstreiks aufgerufen hatte. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Die EVG erklärt die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn um höhere Gehälter für gescheitert. Bald könnten die Züge wieder still stehen - doch so weit ist es noch nicht.

Von Benedikt Peters

Die Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn sind vorerst gescheitert. Das erklärte die Eisenbahngewerkschaft EVG am Mittwochabend "nach langer und sehr intensiver Diskussion", wie EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch sagte. Das weitere Vorgehen will die Gewerkschaft am Donnerstag beraten.

Die Bahn wiederum kritisiert den Abbruch der Gespräche "aufs Schärfste", wie Personalvorstand Martin Seiler sagte. "Die EVG wirft einen fast fertigen Abschluss weg und setzt kurz vor dem Ziel alles auf null. Eine Einigung war zum Greifen nah, 140 Seiten Tariftext sind bereits fertig. Was jetzt passiert, ist unglaublich."

EVG
:Tarifverhandlungen bei der Bahn gescheitert

Im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Eisenbahnergewerkschaft EVG ist eine Einigung vorerst gescheitert. Die Gewerkschaft kritisiert vor allem die vorgeschlagene Laufzeit.

Der nächste Streik bei der Bahn ist damit wahrscheinlich, möglicherweise schon in den kommenden Tagen oder Wochen. In der seit Ende Februar laufenden Tarifrunde hatte die EVG bereits zwei Mal - im März und im April - den Zugverkehr für einen Tag beziehungsweise für mehrere Stunden lahmgelegt. Ein dritter, 50-stündiger Warnstreik im Mai konnte nur durch einen Vergleich vor Gericht in letzter Minute abgewendet werden; das Management der Bahn hatte dagegen geklagt.

Als möglich gilt, dass die EVG nun noch etwas stärker an der Eskalationsspirale dreht. Sie könnte eine Urabstimmung über einen unbefristeten Streik einleiten oder einen erneuten Warnstreik ankündigen, der das Maß der vorangegangenen Arbeitsniederlegungen übersteigt. Dies träfe die Bahnkunden zu einer der reisestärksten Zeiten im Jahr; am Donnerstag beginnen die Sommerferien im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen.

Es kann noch eine Einigung geben - oder eine Schlichtung

Eine derartige Ankündigung wäre allerdings noch nicht mit einem tatsächlichen Streik gleichzusetzen. Es ist nicht unüblich, dass Gewerkschaft und Arbeitgeber danach noch einmal zusammentreten, die Arbeitgeberseite das Angebot verbessert und einen Arbeitskampf doch noch abwendet. So lief es im März etwa bei der Post: Die Gewerkschaft Verdi hatte dort eine Urabstimmung durchgeführt, die Beschäftigten sprachen sich für den unbefristeten Streik aus - doch bevor sie tatsächlich zu Hause blieben, gab es schließlich die Einigung. Eine Schlichtung, die nach dem Scheitern der Verhandlungen im öffentlichen Dienst im Frühjahr ebenfalls eine Einigung brachte, wäre bei der Bahn ebenfalls möglich. Mit anderen regionalen Zugunternehmen konnte die EVG bereits einen Abschluss erzielen.

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Die EVG begründet den Abbruch der Verhandlungen damit, dass die in Aussicht gestellte Laufzeit des Tarifvertrags bei der Bahn mit 27 Monaten "deutlich zu lang" sei. Außerdem sei die angebotene Lohnerhöhung "zu niedrig" - wobei die Gewerkschaft den letzten Verhandlungsstand dazu nicht mitteilte. Die Bahn gab an, ihr Angebot (acht bis zwölf Prozent mehr Lohn plus eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro) noch einmal deutlich verbessert zu haben; sie habe etwa einen "hohen Festbetrag" als Gehaltserhöhung in Aussicht gestellt. Ein solcher Festbetrag ist der EVG besonders wichtig, sie fordert 650 Euro monatlich mehr. Außerdem wollte sie den Tarifvertrag nur für zwölf Monate abschließen, um danach schnell wieder über höhere Gehälter verhandeln zu können.

Für manche Beschäftigtengruppen sei die Bahn sogar bereit gewesen, noch zusätzlich etwas draufzulegen, sagte Seiler: "Allein in der Instandhaltung, den Werkstätten und Stellwerken hätte es noch mal eine zusätzliche Lohnerhöhung von im Schnitt 7,5 Prozent gegeben." Sämtliche Teileinigungen seien durch den Abbruch der Gespräche aber nun vom Tisch. Dennoch fordert die Bahn die EVG auf, nun schnell zu einer guten Lösung zu kommen, "zum Wohle der Mitarbeitenden, der Fahrgäste und des Unternehmens". Dass es mit dieser schnellen Lösung klappt, ist nach dem Abbruch der Gespräche allerdings unwahrscheinlich geworden.

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