Finanzaufsicht:Notwendige Reform der Bafin

Im Zuge des Skandals um Wirecard will Bundesfinanzminister Scholz (SPD) die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) reformieren. (Foto: dpa)

Das Desaster im Fall Wirecard zeigt, wie naiv selbst erfahrene Börsenchefs sein können. Die Reform der Aufsichtsbehörde zügig voranzutreiben, ist richtig. Aber auch die Bafin sollte endlich ihr Versagen eingestehen.

Kommentar von Jan Willmroth

Das Desaster um den Zahlungsdienstleister Wirecard ist eine Blamage für Deutschland und ein sehr gutes Beispiel dafür, wie weit die Bürokratie mitunter an der Realität vorbeilebt. Da ist ein Konzern, im Leitindex Dax notiert, mit eigener Bank und dem elektronischen Zahlungsverkehr als Geschäftsmodell. Die Finanzaufseher der Bafin und die Zentralbank aber lassen sich einreden, Wirecard sei eine Technologiefirma, die ihrer Aufsicht größtenteils entzogen sei. Es ist schwer zu fassen, wie naiv selbst erfahrene Behördenchefs sein können.

Fall Wirecard
:Scholz will Finanzaufsicht umbauen

Als Konsequenz aus dem Fall des Zahlungsdienstleisters Wirecard will der Bundesfinanzminister die Schutzmechnanismen verbessern. Die Bafin soll mehr Durchgriffsrechte bekommen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat recht, wenn er die Reform der Aufsicht jetzt zügig vorantreibt. Die privatwirtschaftlich organisierte Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung muss abgeschafft werden. Zweifel an der Buchhaltung börsennotierter Konzerne müssen vom Staat und mit weitreichenden Durchgriffsrechten aufgeklärt werden; notwendig ist auch eine strengere Aufsicht der Wirtschaftsprüfer sowie härtere Haftungsregeln. Zahlungsanbieter wie Wirecard sollten stets der Finanzaufsicht unterstehen.

Zuerst aber sollte die Bafin endlich ihr Versagen eingestehen. Statt Wirecard entschlossen zu kontrollieren, zeigte sie ohne konkreten Verdacht zwei Journalisten an, die Missstände aufdeckten. Das war nicht Dienst nach Vorschrift, sondern kurzsichtig und dumm.

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