Automobilindustrie:Opel braucht Hilfe vom Staat

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Dramatische Entwicklung in der Autoindustrie: Als erster deutscher Hersteller bemüht sich Opel um eine Staatsbürgschaft. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung stürzt die Krise des amerikanischen Mutterkonzerns General Motors den Rüsselsheimer Hersteller in akute Finanznot.

M. Bauchmüller, M. Kuntz, D. Deckstein und M. Koch

Derzeit habe Opel offene Forderungen von bis zu zwei Milliarden Euro an den Mutterkonzern, hieß es am Freitag aus Länderkreisen. Hinzu komme ein absehbarer Bedarf an Liquidität von rund einer Milliarde Euro im kommenden Jahr.

Der Blitz in der Krise: Opel schließt eine GM-Pleite nicht aus und bittet um Bürgschaften. (Foto: Foto: dpa)

Weil Opel nicht mehr auf die Hilfe von GM bauen könne, müsse sich der Konzern nun um Kredite bemühen, die er aber angesichts der krisenhaften Situation nicht zu akzeptablen Konditionen erhalte. Opel selbst wollte sich am Freitag nicht zu Hintergründen äußern.

Zuvor hatte sich Opel an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungen der vier Bundesländer gewandt, in denen der Konzern Werke betreibt. Das sind Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Verhandlungen seien für die kommende Woche angesetzt, hieß es im Bundesfinanzministerium. Dann sind Merkel und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vom Weltfinanzgipfel in Washington zurück. "Konkrete Summen sind noch nicht im Gespräch", sagte der Sprecher.

Unterstützung signalisiert

Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und sein rheinland-pfälzischer Amtskollege Kurt Beck (SPD) sind offenbar zu Bürgschaften bereit. Opel dürfe nicht in den Strudel der amerikanischen Finanzkrise geraten, hieß es in der hessischen Landesregierung. Opel-Chef Hans Demant versicherte, eventuelle Hilfen würden ausschließlich in Europa eingesetzt. GM-Chef Rick Wagoner hatte vorige Woche erklärt, der Konzern sei ohne Hilfen der Regierung in Washington im ersten Halbjahr 2009 pleite.

Die EU-Kommission wandte sich gegen die geplanten Staatshilfen Washingtons für General Motors, Ford und Chrysler. Falls die USA ihren Autokonzernen illegale Unterstützung gewährten, "würden wir die Welthandelsorganisation um Aufklärung bitten", warnte die Brüsseler Kommission. Die Hilfen für Autohersteller könnten sich dann zum transatlantischen Handelskonflikt auswachsen.

Zwar wollen Barack Obama und seine demokratischen Parteifreunde den Konzernen aus Detroit noch vor Jahresende mindestens 25 Milliarden Dollar überweisen. Doch schon in der vergangenen Woche hatte George W. Bush Staatshilfen für Detroit abgelehnt. Theoretisch könnte auch der Senat darüber entscheiden. Die Demokraten bräuchten mindestens elf Überläufer aus dem Lager der Republikaner, um die Notkredite auf den Weg zu bringen. "Momentan glaube ich nicht, dass diese Stimmen da sind", räumte der demokratische Senator Christopher Dodd ein. Dennoch sollen die Beratungen im Parlament am kommenden Montag beginnen.

Auch beim Stuttgarter Autohersteller Daimler hinterlässt die Krise Spuren. Konzernchef Dieter Zetsche ließ in einem Interview offen, ob das Unternehmen über Kurzarbeit oder Jobabbau nachdenkt. "Wir wissen nicht, wie hart uns die Krise noch erfasst", sagte er der Bild-Zeitung. "Deshalb kann ich dazu derzeit keine Prognose abgeben." Erst vor kurzem ordnete Daimler in den deutschen Mercedes-Werken auf vier Wochen verlängerte Weihnachtsferien an, damit 45.000 Autos weniger die Fließbänder verlassen. "Es macht keinen Sinn, Autos auf Halde zu produzieren", sagte Zetsche.

© SZ vom 15.11.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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