Zulieferindustrie:Schaeffler will zu den Großen der Branche aufschließen

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Fahnen mit dem Schriftzug der Schaeffler AG: Der Zulieferer will bald zu den Top-Ten der Branche gehören. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Der Auto- und Industriezulieferer aus Herzogenaurach wächst mit der Übernahme von Vitesco. Weil sich der Trend zu E-Mobilität abschwächt, setzt der Konzern bis auf Weiteres auch auf Verbrennermotoren.

Von Uwe Ritzer, Herzogenaurach

Als die Nachricht von der geplanten Übernahme der Vitesco AG draußen war, klingelte bei Klaus Rosenfeld das Telefon. Ein Vorstandskollege eines französischen Konzerns war dran und begrüßte den Schaeffler-Vorstandschef mit dem Glückwunsch: "Welcome to the club of ten". Rosenfeld erzählt das, um die Dimension dessen zu unterstreichen, was die von ihm als Vorstandschef geführte Schaeffler AG im laufenden Jahr vor allem prägen und beschäftigen wird: Die Übernahme des Antriebsspezialisten Vitesco und damit die Verschmelzung zu einem der zehn größten Zulieferkonzerne der Welt. Im vierten Quartal 2024 soll das Geschäft über die Bühne gehen.

Alle Kräfte scheinen darauf konzentriert, die Übernahme selbst derart präzise hinzubekommen, wie sie seit Monaten vorbereitet wird. 1200 Beschäftigte beider Firmen arbeiten weltweit auf etwa zwei Dutzend Teams verteilt daran, dass das neue Gebilde vom ersten Tag an möglichst störungsfrei läuft. Ende April werden die Hauptversammlungen beider Firmen den Deal mutmaßlich absegnen, an dessen Ende ein Konzern mit 120 000 Beschäftigten, hundert Fabriken und 25 Milliarden Euro Umsatz stehen wird. Auf Elektromobilität wird er ausgerichtet werden, von der Rosenfeld sagt: "Sie kommt, darüber gibt es keine Zweifel".

Zehn bis 20 Jahre werden noch Verbrenner gebaut, sagt der Konzernchef

Nur kommt sie langsamer, als viele noch vor kurzem erwartet haben. Zehn, wenn nicht gar zwanzig Jahre würden noch Autos mit Verbrennungsmotoren gebaut und gefahren, sagt Rosenfeld. Und Hybride, die gerade in den USA und in China einen unerwarteten Boom erleben. Deshalb richtet sich die vor allem auf Autoindustrie, aber auch auf Industrie- und Ersatzteilgeschäft ausgerichtete Schaeffler AG zwar vor allem, aber nicht ausschließlich auf elektrische Antriebstechnologie aus. Im vergangenen Jahr liefen bei Schaeffler Aufträge über fünf Milliarden Euro in Sachen E-Mobilität auf, doch der Großteil der Produktion lässt sich damit noch nicht bestreiten.

Klaus Rosenfeld ist Vorstandsvorsitzender der Schaeffler AG. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

2023 erwirtschaftete Schaeffler mit Wälzlagern, Präzisionsteilen und Systemen für Motoren, Getriebe und Fahrwerke sowie Ersatzteile währungsbereinigt 5,8 Prozent mehr Umsatz, insgesamt 16,3 Milliarden Euro. Der den Aktionären zuzurechnende Nettogewinn halbierte sich in etwa auf 310 Millionen Euro, der freie Cash Flow lag bei 421 Millionen Euro. Enttäuschende Zahlen für die Börsianer, die den Kurs der ohnehin stets nur schwach gehandelten Schaeffler-Aktie auf Talfahrt schickten - am frühen Vormittag schlug ein Minus von vier Prozent zu Buche. Auch, weil Anleger vom Vitesco-Deal weniger überzeugt scheinen als Rosenfeld und Familienunternehmer Georg Schaeffler.

"2024 wird ein Übergangsjahr", sagte Klaus Rosenfeld. Die prinzipielle Sinnhaftigkeit der Vitesco-Übernahme, nämlich die sich ergänzende Kombination der Kompetenzen beider Firmen zu einem Mobilitätskonzern der Zukunft, steht für ihn außer Frage. Am Jahresende sollen ein "deutliches Umsatzwachstum" stehen. Drei Quartale wird ausschließlich Schaeffler, im vierten dann erstmals die dann mehr als selbstständige Firma existierende Vitesco mitbilanziert.

Ob die Verschmelzung Jobs kosten wird, ist noch offen. Rosenfeld sagte, dass "ein gewisser Stellenabbau gerade in Verwaltungsbereichen nicht auszuschließen" sei. Dort nämlich, wo sich Überlappungen und Dopplungen ergeben. Wenn Jobs gestrichen würden, dann jedoch sozialverträglich und abgestimmt mit den Arbeitnehmervertretern.

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