Es war eine Razzia, wie sie die Leute bei BMW noch nicht erlebt hatten: Am 20. März, einem Dienstag, standen auf einmal Staatsanwälte und Polizisten vor den Türen der Konzernzentrale in München und des Entwicklungszentrums, 100 Leute insgesamt. "Es besteht der Anfangsverdacht, dass die BMW AG eine prüfstandsbezogene Abschalteinrichtung verwendet hat", teilten die Ermittler mit. Der Verdacht: Auch Dieselautos von BMW fahren mit betrügerischer Abgassoftware.
Doch bislang haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I keine Hinweise auf größere Verfehlungen des Autokonzerns oder gar eine Abgasaffäre wie bei Volkswagen ergeben. Der Behörde liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass nur 7600 Fahrzeuge betroffen sind, und nicht wie ursprünglich angenommen 11 400. Möglicherweise kommt BMW deshalb mit einem Bußgeld davon, das nach dem jetzigen Stand der Dinge aber weit entfernt wäre von der einen Milliarde Euro, die VW auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Braunschweig zahlen musste. VW hatte nach Erkenntnissen der Behörden bei 2,4 Millionen Fahrzeugen in Deutschland die Abgasreinigung manipuliert.
Die Staatsanwaltschaft teilte auf Anfrage mit, bei den Ermittlungen gegen unbekannte Verantwortliche gehe es nach wie vor um jene 11 400 Fahrzeuge, die vor wenigen Monaten Anlass für eine Razzia waren. Es gebe jedoch Anhaltspunkte, "dass tatsächlich weniger Fahrzeuge betroffen sein könnten". Aus dem Bundesverkehrsministerium hieß es, dass derzeit knapp 8000 BMW-Autos betroffen seien - diese erhielten gerade eine neue Software.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte außerdem, dass es keinen Verdacht auf weitere betroffene Fahrzeuge gebe. "Derzeit ist das richtig", teilte die Ermittlungsbehörde mit - es bleibe also bei jenen 7600 Wagen. Nach SZ-Informationen hat sich auch bei den Autos, die bislang geprüft werden, der Betrugsverdacht gegen BMW einstweilen nicht erhärtet.
Der Autokonzern hatte im Februar gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt eingeräumt, in zwei Fahrzeugmodellen - den hoch motorisierten Typen 750xd und M550xd - unzulässige Abschalteinrichtungen eingebaut zu haben. Wer wen informierte - das Unternehmen die Behörde oder andersherum -, darüber gibt es konträre Darstellungen. Bei dem Gespräch erklärten die Firmenvertreter dann offenbar, es habe sich um ein Versehen gehandelt. Die Staatsanwaltschaft zweifelte das jedoch an und weitete einen Gesprächstermin in der Konzernzentrale am 20. März zu einer Razzia aus - wegen Betrugsverdachts.
BMW sprach von einem "menschlichen Fehler"
BMW wies diesen Verdacht damals sofort zurück. Es sei ein "menschlicher Fehler" gewesen, sagte Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich am Tag nach der Durchsuchung, als BMW seine Jahresbilanz präsentierte. Innerhalb der Software habe es in einer einstelligen Zahl von insgesamt mehreren Tausend Softwareteilen eine falsche Zuordnung gegeben. Das habe dann die Abgase erhöht - auf der Straße aber auch auf dem Prüfstand.
Da es bei dem Verfahren auch um mögliche Ordnungswidrigkeiten geht, könnten die Ermittlungen mit einem Bußgeld enden. So weit ist es allerdings noch nicht: Die Staatsanwaltschaft teilte mit, ein Abschluss des Verfahrens werde wohl nicht vor Ende des Jahres erfolgen. Bis dahin sei auch noch alles offen.
Bis es so weit ist, will sich auch das Unternehmen nicht groß zum Fall äußern. Inzwischen seien etwa die Hälfte der 7600 Wagen mit einer passenden Software ausgestattet, teilt BMW nur mit. Ein Arbeitskreis habe zudem überprüft, ob derlei Fehler noch bei anderen Modellen gemacht worden seien, was sich nicht bestätigt habe. Und nein, es sei kein Mitarbeiter entlassen worden wegen dieser Sache. Zumal die Unschuldsvermutung für alle Mitarbeiter gelte in dieser Angelegenheit, so ärgerlich sie auch sei.