Auto: VW gegen Porsche:Wolfsburg schlägt zurück

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Bizarrer Kampf um die Macht bei Deutschlands größtem Autohersteller: VW holt gegen Porsche zum Gegenangriff aus - und denkt über den Kauf des Sportwagenherstellers nach.

Es brennt lichterloh in Stuttgart-Zuffenhausen: Der Sportwagenhersteller Porsche hat sich offenbar mit der Übernahme von Volkswagen gründlich verhoben. Jetzt wird das Geld knapp, um den Erwerb der VW-Aktien vollständig zu finanzieren.

Erst wollte Porsche den VW-Konzern übernehmen. Jetzt fehlt dem Sportwagenhersteller das Geld - und Volkswagen überlegt, Porsche zu kaufen. (Foto: Foto: dpa)

In dieser Lage muss Porsche-Chef Wendelin Wiedeking Schlimmeres befürchten: Dass Volkswagen jetzt seinerseits sogar die Übernahme von Porsche durchzieht. So etwas sollen Vorstandschef Martin Winterkorn und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch planen.

Das Imperium schlägt zurück: Es wäre ja auch noch schöner, wenn VW sich von Porsche einfach so schlucken ließen. Immerhin machen die Wolfsburger weitaus mehr Umsatz und haben viel mehr Mitarbeiter. Damit kommt erneut - nach dem gefährdeten Kauf des Reifenriesen Continental durch die fränkische Schaeffler-Gruppe - ein Takeover in Verruf, bei dem mittels Finanz- und Börsentricks ein Kleiner nach dem Großen greift.

Bislang ist Porsche erst mit 50,8 Prozent an Volkswagen beteiligt, will aber 75 Prozent des Konzerns besitzen. Das würde den griff auf die nach wie vor starke Liquidität von VW sichern. Milliarden liegen in der Kasse. Porsche hätte so seinen frechen Angriff auf den Großkonzern gut finanzieren können.

Das große Problem: Ein Gewinnabführungsvertrag, der Porsche den Zugriff auf die Kasse ermöglichen würde, ist bisher nicht zustande gekommen. Angeblich, weil unter anderem Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) Widerstand leistet.

Ein Porsche-Sprecher in Stuttgart verwies darauf, dass sich der Sportwagenbauer Ende März einen neuen Kredit über zehn Milliarden Euro gesichert habe. Das stimmt. Es gibt aber neuen Kapitalbedarf.

Suche nach Großinvestor

Derzeit werde mit den Banken über eine Aufstockung auf 12,5 Milliarden Euro verhandelt. Damit soll die Erhöhung der Anteile an VW auf 75 Prozent finanziert werden. Die fälligen Kreditzinsen könne Porsche aus eigener Kraft bezahlen.

Das Manager-Magazin berichtet anderes: Weil die Kreditgeber die Zinsen stark angehoben hätten, sei die Suche nach frischem Kapital notwendig geworden. Porsche versuche sogar, einen Großinvestor an Bord zu holen.

In dieser Notlage, in die sich Porsche rasant manövriert hat, könnte es eben auch ganz anders kommen - mit Wolfsburgs Rache. Bei Volkswagen rechne Finanzvorstand Pötsch bereits die Übernahme von Porsche durch, berichtet die Financial Times Deutschland unter Berufung auf Insider.

VW-Großaktionär Niedersachsen unterstütze demnach die Planspiele. "Ministerpräsident Wulff spielt eine konstruktive Rolle", zitiert das Blatt einen Beteiligten.

"Die beiden kämpfen"

Könnte VW die Überlegungen umsetzen, würden sich die Machtverhältnisse umkehren und Volkswagen die Führungsrolle übernehmen. Doch wie ein solches Konstrukt im Detail aussehen könnte, sei noch vollkommen unklar.

Ob der Plan eine Chance habe, hängt von den Familien Porsche und Piëch ab, denen praktisch sämtliche Stammaktien von Porsche gehören. An der Börse war Porsche am Mittwoch 8,3 Milliarden Euro wert - Volkswagen gut 76 Milliarden Euro.

Ein Porsche-Sprecher kommentierte: "Das halte ich für Quatsch. Mir ist das nicht bekannt".

Noch versucht das Porsche-Management um Vorstandschef Wiedeking und Finanzchef Holger Härter, den alten Plan zu retten. "Die beiden kämpfen", sagt ein Beteiligter. Porsche hofft dabei, dass die EU das Vetorecht Niedersachsens mittelfristig kippe. Danach sieht es aber inzwischen nicht aus.

Allerdings wird die Position des Porsche-Chefs immer schwächer: "Wiedeking wackelt", zitiert die FAZ "gutinformierte Kreise". VW-Chefkontrolleur Piëch sieht den Zuffenhausener Manager Wiedeking schon seit längerem kritisch.

Klar, er will sich nicht aus Schwaben fremdbestimmen lassen. Er will in seiner Familie nicht als Befehlsempfänger darstehen - sondern wie bisher die Strippen ziehen. Und in VW-Chef Winterkorn hat er jemanden, dem er zutraut, den ganzen VW-Porsche-Komplex zu lenken.

Wie hieß es immer in der Werbung für den alten VW-Käfer: Er läuft und läuft und läuft ...

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