Auto: Karawane aus Blech:1800 Euro Verlust - pro Pkw

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Zu viele Autos, zu viele Verluste: Eine Erhebung bei 45 Fahrzeugbauern offenbart enorme Überkapazitäten.

Caspar Busse und Harald Schwarz

Die Krise in der Automobilindustrie wird sich nach Einschätzung von Experten in den nächsten Jahren noch einmal deutlich verschärfen. Die Branche müsse sich auf eine "lange Durststrecke" einstellen, heißt es in einer Studie der Unternehmensberatung Alix Partners.

Die Autoindustrie verliert derzeit massiv Geld. (Foto: Foto: dpa)

Die Zahlen seien alarmierend: So erwirtschaften die Hersteller weltweit nach den Berechnungen der Berater derzeit pro verkauftem Fahrzeug im Durchschnitt einen Verlust von 1800 Euro. Die Autoindustrie verliere also derzeit massiv Geld. Die Folge sei eine tiefgreifende Konsolidierung. Am Ende würden die überleben, die über die größten liquiden Mittel verfügten.

"Krise dauert länger als gedacht"

Die Studie basiert auf einer internationalen Analyse von 275 Zulieferern und 45 Automobilherstellern. Alix Partners ist weltweit aktiv, auf die Sanierung von Unternehmen spezialisiert und unter anderem bei General Motors (GM) aktiv. Selbst unter günstigsten Bedingungen werde das Absatzniveau von vor der Krise erst in fünf Jahren, also 2014, wieder erreicht, heißt es.

"Es ist eine Krise, die länger dauert als gedacht", sagt Vinzenz Schwegmann von Alix Partners. Dazu kämen deutliche Überkapazitäten. Die Produktion sei nur noch zu etwa zwei Dritteln ausgelastet. Bei vielen Konzernen hätten Mitarbeiter bereits Kurzarbeit.

2007 wurden in der Euro-Zone knapp 16 Millionen Neufahrzeuge verkauft, seitdem ist der Absatz deutlich rückläufig. Besonders gefährdet seien die Zulieferer. Bis Ende dieses Jahres könnten etwa 30 bis 50 Prozent der Unternehmen in Insolvenzgefahr geraten. Zuletzt mussten bereits einige Zulieferer aufgeben, beispielsweise die traditionsreiche Firma Karmann. Besonders tief sei die Krise in den USA, dort haben bereits die beiden Autokonzerne GM und Chrysler Insolvenzanträge gestellt.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält die Erwartung einer lang andauernden Krise zwar für übertrieben und zu pessimistisch. Doch räumt auch VDA-Präsident Matthias Wissmann ein, dass die Hersteller und ihre Zulieferer vor "einem langen und steinigen Weg des Wiederaufstiegs" stehen. "Mit einem raschen Aufschwung rechnen wir nicht", sagte der frühere CDU-Politiker. Dem VDA zufolge wird die inländische Pkw-Produktion in diesem Jahr um 17 Prozent auf 4,6 Millionen Wagen schrumpfen.

"Negative Spuren"

Mit Blick auf die Abwrackprämie, die in diesem Jahr die Inlandsnachfrage kräftig angekurbelt und damit auch die Beschäftigung in den Fabriken stabilisiert hat, sagte er: "Dort, wo man davon am meisten profitiert hat, wird man dann entsprechend negative Spuren sehen." Profiteure des Kaufanreizes unter den inländischen Herstellern waren bislang der VW-Konzern, Opel und Ford.

"Es ist klar, dass es im kommenden Jahr einen Rückgang geben wird", sagte dazu ein VW-Sprecher. Wie hoch dieser ausfallen werde, sei offen. Spekuliert wird, dass der deutsche Markt von derzeit 3,5 Millionen verkauften Autos um ein Viertel auf dann nur noch 2,6 Millionen verkaufte Fahrzeuge zurückgehen könnte.

Etwa 1,7 Millionen Anträge auf Abwrackprämie - 2500 Euro pro Altfahrzeug - wurden bislang eingereicht. Im ersten Halbjahr 2009 stiegen die Neuzulassungen damit um 26 Prozent auf mehr als zwei Millionen Autos. Der VDA verteidigte die Prämie erneut. Wissmann sagte: "Der dramatische Auftragseinbruch wurde für eine Übergangszeit teilweise abgefedert." In der deutschen Autoindustrie waren zuletzt knapp 730.000 Menschen beschäftigt, im März waren davon 200.000 auf Kurzarbeit.

© SZ vom 03.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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