Arcandor-Chef Eick:Der Boss am Pranger

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Nach nur wenigen Monaten im Amt verlässt Arcandor-Chef Eick das Unternehmen - und bekommt das Salär für fünf Jahre: 15 Millionen Euro. Er sollte einen Teil davon spenden.

Karl-Heinz Büschemann

Mal wieder gibt es in der Wirtschaft einen neuen Buhmann. Ein weiterer Manager hat sich als gierig erwiesen: Karl-Gerhard Eick, der Chef von Arcandor, geht mit 15 Millionen Euro nach Hause, während für den Kaufhauskonzern an diesem Dienstag das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Nur ein halbes Jahr saß der ehemalige Telekom-Vorstand Eick im Essener Chefbüro. "Haben Sie kein schlechtes Gewissen?", fragt da Bild am Sonntag. Das Blatt gibt die populäre Antwort gleich selbst: "Offenkundig nicht."

Bei Arcandor hatte Karl-Gerhard Eick kaum eine Chance: Das Unternehmen war heruntergewirtschaftet. (Foto: Foto: dpa)

Richtig ist, dass Eick es nicht geschafft hat, den aus den Karstadt-Kaufhäusern, dem Quelle-Versandhandel und dem Tourismus-Unternehmen Thomas Cook bestehenden Konzern vor der Insolvenz zu bewahren. Eick ist erst im März an die Spitze des Unternehmens gerückt.

Ihm ist es nicht gelungen, einen Investor zu finden, der das Unternehmen wieder flottmachen könnte. So gesehen ist der 55-Jährige gescheitert. Und, ja: Es sieht nicht gut aus, wenn ein Manager nach nur einem halben Jahr seinen Posten verlässt und seinen Fünf-Jahresvertrag ausbezahlt bekommt, während über 40.000 Mitarbeiter um Arbeitsplatz und Zukunft fürchten.

Dennoch empfiehlt sich in diesem Fall ein wenig Fairness: Der Neue bei Arcandor hatte kaum eine Chance. Das Unternehmen war nach mehr als zwei Jahrzehnten des Missmanagements heruntergewirtschaftet. Es war ja nicht nur der stets blendend auftretende Thomas Middelhoff, der von 2005 bis Anfang 2009 das Tafelsilber losschlug und dies als herausragende Leistung verkaufte. Schon vor Middelhoff hatten sich etliche Manager an dem Traditionskonzern und seinen Mitarbeitern versündigt.

Selten wurde ein Unternehmen mit so vielen Zukäufen und Firmenverkäufen traktiert. Mal gab es eine Konzentration auf den Handel, dann war plötzlich der Tourismus das Kerngeschäft.

Spätestens als Middelhoff für Karstadt-Quelle den Kunstnamen Arcandor erfand und den Versandhandel in Primondo umtaufte, war klar, dass die Manager in Essen mit ihrem Latein am Ende waren.

Wenn aber Missmanagement die Regel ist, müssen sich die Eigentümer und Aufsichtsräte fragen lassen, warum sie nicht eingriffen. Schlechte Unternehmensführung ist immer die Folge mangelhafter Kontrolle durch den Aufsichtsrat. Im Aufsichtsrat, das sei nur am Rande bemerkt, sitzen aber auch die Arbeitnehmer, die wegen Eicks Abfindung jetzt Zeter und Mordio schreien.

Man kann es deshalb als ausgleichende Gerechtigkeit betrachten, dass die heutigen Großaktionäre von Arcandor, die Kölner Bank Sal. Oppenheim und die Fürther Familie Schickedanz mit in den Strudel hineingerissen wurden. Die bislang größte Privatbank Europas geriet vor allem durch Arcandor in eine so massive Schieflage, dass sie ihre Selbständigkeit verliert. Die Familie Schickedanz büßt vermutlich den größten Teil ihres Vermögens ein. Nicht nur die Arbeitnehmer müssen also Opfer bringen. Da Sal. Oppenheim das Gehalt von Eick zahlt (und nicht Arcandor), kann man auch nicht sagen, dass dem Unternehmen durch einen gierigen Manager ein Schaden entsteht.

Dass Eick jetzt am Pranger steht, ist aber nicht zu ändern. Der Eindruck, den sein schnelles Ausscheiden vermittelt, ist einfach zu schlecht. Er konnte in den paar Monaten nicht beweisen, ob er ein Könner ist - oder eine Niete. Dazu trägt auch das deutsche Insolvenzrecht bei, das einen entscheidenden Webfehler hat: Es gibt im Falle der Zahlungsunfähigkeit ein Unternehmen in die Hand des Insolvenzverwalters, das Management, vor allem der Chef, wird meist sofort entlassen. Damit geht wertvolles Knowhow verloren, das sich ein Insolvenzverwalter erst aneignen muss. Im Büro ist ein hochbezahlter Manager besser aufgehoben als zu Hause auf der Couch.

Wenn Eick jetzt gehen muss, sollte er aber nicht stur darauf bestehen, dass ihm die 15 Millionen Euro laut seinem Vertrag zustehen. Er sollte einen Teil der Summe für einen guten Zweck spenden. Das würde seinem Ansehen helfen, zumal ein solcher Schritt ihn nicht in die Armut stürzen würde.

© SZ vom 01.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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