Arbeitsbedingungen:Aufträge nur noch bei Tariflohn

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Arbeitsminister Hubertus Heil pocht auf Tariflohn, bezahlten Mindestjahresurlaub und Höchstarbeitszeiten bei den Unternehmen, die Aufträge des Bundes ausführen. (Foto: IMAGO/Frederic Kern/IMAGO/Future Image)

Arbeitsminister Heil will Aufträge des Bundes ausschließlich an Unternehmen vergeben, die sich an die Regeln von Tarifverträgen halten. So soll die Tarifbindung gestärkt werden.

Von Roland Preuß, Berlin

Öffentliche Aufträge des Bundes sollen künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die mindestens Tariflöhne zahlen. Dies sieht ein Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Regelung soll für Aufträge des Bundes ab einer Summe von mindestens 10 000 Euro gelten. Laut dem Gesetzentwurf soll das Arbeitsministerium auf Antrag einer Gewerkschaft oder einer Arbeitgeber-Vereinigung per Rechtsverordnung Arbeitsbedingungen bei öffentlichen Aufträgen festlegen, wenn diese in einem Tarifvertrag vereinbart wurden. Ausdrücklich genannt werden zum Beispiel ein Tariflohn, bezahlter Mindestjahresurlaub und Höchstarbeitszeiten. Der Gesetzentwurf "zur Stärkung der Tarifautonomie durch die Sicherung der Tariftreue" befindet sich nach SZ-Informationen noch in einem frühen Stadium, die formale Abstimmung mit anderen Bundesministerien ist noch nicht offiziell eingeleitet. Zuerst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland über den Entwurf berichtet .

Heil kommt mit den Plänen langjährigen Forderungen der Gewerkschaften nach. Erst vergangene Woche hatte DGB-Chefin Yasmin Fahimi zum Tag der Arbeit von der Bundesregierung einen Nationalen Aktionsplan zur Steigerung der Tarifbindung gefordert. Die hunderten Milliarden Euro an Steuergeld, die die öffentliche Hand jedes Jahr an Aufträgen vergebe, dürften nicht mehr an Unternehmen gehen, die sich einem Tarifvertrag verweigerten, hatte Fahimi gesagt. Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP vereinbart, die Vergabe öffentlicher Aufträge davon abhängig zu machen, dass Firmen nach Tarif bezahlen. Allerdings kann der Bund dies nur für seine Auftragsvergaben regeln, nicht jedoch für Länder und Kommunen. Nach Angaben der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linkspartei vom April hatte der Bund im ersten Halbjahr 2021 Aufträge in Höhe von fast zehn Milliarden Euro vergeben, die Länder kamen auf gut 20 Milliarden Euro.

Dem Gesetzentwurf zufolge werden die Unternehmen für die Zeit, in der sie einen Auftrag des Bundes erfüllen, zur Einhaltung der Tarifregeln verpflichtet. Das heißt, sie müssen sich nicht auf Dauer oder bei anderen Auftraggebern an Tarifbestimmungen halten. Hintergrund ist, dass die Unternehmen nicht zur Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband gezwungen werden können, allerdings wird damit ein Anreiz hierzu geschaffen. Zudem müssen beauftragte Unternehmen sicherstellen, dass auch Subunternehmer die Tarifbestimmungen einhalten. Wer dagegen verstößt, dem drohen eine fristlose Kündigung des Auftrages und eine Vertragsstrafe.

Kommen für die Tariftreue-Regelung mehrere Tarifverträge infrage, etwa, weil die Regelungen verschiedener Gewerkschaften in dem Unternehmen greifen, so will sich das Arbeitsministerium am "repräsentativeren" Tarifvertrag orientieren. Hierzu sollen Arbeitgeberverband und Gewerkschaften die Zahl der Beschäftigten mitteilen, für die die jeweiligen Tarifregeln gelten.

Mit dem Tariftreuegesetz will die Bundesregierung erreichen, dass wieder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Tarifverträgen profitieren. In Westdeutschland galt 1998 für 76 Prozent der Be­schäf­tig­ten ein Ta­rif­ver­trag, 2021 waren es nur noch 54 Prozent. In Ost­deutsch­land sank der Anteil von 63 Prozent 1998 auf 45 im Jahr 2021.

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