Anbieterwechsel:Wenn wochenlang das Internet streikt

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Was für ein Stress: Der Wechsel des Telefonanbieters gestaltet sich für viele Verbraucher schwierig. (Foto: Joseffson/imago)
  • Häufig müssen Kunden nach einem Umzug ihre Telefon- oder Internetrechnungen zunächst weiterbezahlen, obwohl sie diese nicht mehr nutzen.
  • Viele haben zudem wochenlang keinen Telefon- und Internetanschluss. Das zeigt eine repräsentative Umfrage.
  • Mit einer neuen EU-Richtlinie sollen zumindest die entschädigt werden, die beim Anbieterwechsel länger als einen Tag keinen Anschluss hatten.

Von Katharina Prechtl

Ein Umzug oder ein Hausverkauf ist eine nervenaufreibende Sache. Es gibt viel zu organisieren, oft muss auch der Telefon-Vertrag gekündigt werden. Idealerweise erledigt das der Verkäufer oder Vormieter selbst, sodass der neue Bewohner ohne Hindernisse einen neuen Vertrag für den Anschluss abschließen kann. Wie es in der Realität aber oft läuft: Der eine kündigt und muss trotzdem noch weiterzahlen - obwohl der neue Bewohner schon längst einen neuen Vertrag hat.

Wenn Kunden umziehen oder den Telekommanbieter wechseln, kommt es häufig zu solchen und ähnlichen Schwierigkeiten. Das ergab nun eine repräsentative Umfrage der Marktwächter "Digitale Welt", ein Frühwarnsystem des Verbraucherzentralen-Bundesverbands (VZBV). Sie befragten Verbraucher, die innerhalb der vergangenen 24 Monate den Festnetz- oder Internetanschluss gewechselt haben. Jeder fünfte Teilnehmer hatte demnach Probleme beim Anbieterwechsel. In knapp zwei Drittel der Problemfälle hatten die Verbraucher länger als einen Tag weder Internet noch Festnetz. Wer mit Problemen bei Festnetz- und Internetanschluss zu kämpfen hatte, musste im Mittel knapp drei Wochen warten, bis alles funktionierte. Und wer den Mobilfunkanbieter wechselte, musste im Mittel zwei Wochen aushalten, bis Störungen behoben waren.

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Die Gründe für die Wechselschwierigkeiten waren vielfältig: Bei einem Drittel der Befragten klappte die Übergabe der Leitung nicht reibungslos, Technikertermine fielen aus oder der Anschluss arbeitete nicht richtig. Schlechte Kommunikation wurde in einem Viertel der Fälle moniert, auch der Kündigungsprozess sorgte für Probleme. Immer wieder erhielten Verbraucher bei einem Anbieterwechsel Rechnungen über den Kündigungstermin hinaus. In anderen Fällen setzte der Anbieter das Vertragsende nicht korrekt um oder ordentliche Kündigungen wurden einfach nicht akzeptiert. Ein Sprecher der Telekom kritisierte die Umfrage hingegen als zu vage. Sie sei nicht nach Anbietern aufgeschlüsselt und die Aussagen der Befragten seien nicht überprüfbar.

Den Verbraucherschützern zufolge treten jedoch bei Umzügen immer wieder unerwünschte Kosten auf. Wenn der Vertragspartner am neuen Wohnort seine Leistung nicht liefern kann, gibt es für Verbraucher, deren Vertrag eine lange Kündigungsfrist hat, zwar ein Sonderkündigungsrecht. Die Dreimonatsfrist für die Sonderkündigung beginnt aber nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München erst mit dem Auszug aus der alten Wohnung. So soll ein Missbrauch des Sonderkündigungsrechts vermieden werden. Verbraucher müssen also dem Gesetz nach drei Monate für eine Leitung bezahlen, die sie nicht mehr nutzen. In vielen Fällen wird die Leitung in dieser Zeit aber schon an den nächsten Kunden weitervermietet.

Zumindest wenn kein Umzug, sondern ein Anbieterwechsel zum regulären Ende der Vertragslaufzeit ansteht, geben sowohl Verbraucherschützer als auch Anbieter Empfehlungen zum Ablauf: "Man sollte nicht gleich beim alten Anbieter kündigen, sondern sich erst an den neuen Anbieter wenden", empfiehlt Andre Rochlitzer, Sprecher des Anbieter-Arbeitskreises "Schnittstellen und Prozesse". Denn mit der Kündigung des alten Vertrags wird ein Termin festgelegt, zu dem der Anschluss abgeschaltet wird. "Wird zu früh gekündigt und dem neuen Anbieter erst später Bescheid gegeben, können sich die Anbieter aber nicht mehr über diesen Termin abstimmen", sagt Rochlitzer.

Bei der Telekom und 1&1 gibt es immerhin einige Maßnahmen, die einem holprigen Wechsel vorbeugen sollen. Persönliche Wechselberater und ein Überbrücken der Wechselphase durch mobile Angebote sollen einen reibungslosen Übergang ermöglichen. Die Anbieter tauschen sich zudem regelmäßig zur Verbesserung der Abläufe aus. Die Probleme der Kunden sind den Unternehmen also bekannt und zumindest teilweise versuchen sie Lösungen anzubieten. Ärgerlich für die Verbraucher ist es, wenn der Wechsel am Ende dann trotzdem nicht reibungslos funktioniert. Verbraucher sollten sich daher mit ihren Beschwerden an die Bundesnetzagentur (BNA) wenden, die dann Schritte gegen die Anbieter prüfen kann. Bei der BNA liegen derzeit allerdings nicht einmal zu einem halben Prozent der Anbieterwechsel bei Festnetzanschlüssen Beschwerden vor. Eine Zahl, die weit entfernt ist von der Erhebung der Marktwächter. Fragt man bei den Anbietern zu den Problemen nach, verweisen sie denn auch auf eben diesen niedrigen Prozentsatz. "Nur wenige Verbraucher wenden sich tatsächlich an die Bundesnetzagentur", bestätigt Andre Rochlitzer.

Eine neue Richtlinie soll Verbrauchern künftig helfen

Problemen vorbeugen lässt sich auch, indem alle Vertragsdaten genau geprüft werden, bevor der Wechsel beantragt wird. "Manchmal wird vergessen, dass der Vertrag zum Beispiel noch auf den Vater läuft, dann kann die Leitung dem angegebenen Namen nicht zugeordnet werden", beschreibt Rochlitzer ein häufiges Problem.

Eine kürzlich in Kraft getretene EU-Richtlinie soll die Rechte der Verbraucher stärken, wenn der Anbieterwechsel nicht im gesetzlich vorgegebenen Rahmen klappt. Dem Telekommunikationsgesetz (TKG) nach darf die Leitung durch den Wechselprozess nicht länger als einen Tag abgeschaltet werden. Dauert es länger oder werden Technikertermine abgesagt, können Verbraucher bald Entschädigungen erhalten. Die EU-Richtlinie muss noch in der anstehenden Novelle des TKG umgesetzt werden. Die Verbraucherschützer fordern, dabei auch die anderen Probleme zu lösen. "Für das Sonderkündigungsrecht beim Wohnortwechsel muss im Gesetz eine klare Kündigungsfrist verankert werden", sagt Lina Ehrig vom VZBV.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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