Altersvorsorge:Magere Renditen für die Riester-Rente

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Ein Rentnerpaar sitzt auf einer Bank in Berlin. (Foto: dpa)

Verbraucherschützer und Versicherer streiten über die Erträge bei den Riester-Renten. Wenn man das Geld unter dem Kopfkissen lassen würde, hätte man mehr, provoziert der Bund der Versicherten.

Von Herbert Fromme, Köln

Wer jeden Monat Geld fürs Alter unter das Kopfkissen legt, erzielt eine höhere Rendite als beim Abschluss einer Riester-Rente. Mit diesem Vergleich attackiert der Bund der Versicherten (BdV) die deutschen Lebensversicherer. In einer Studie zur Rentabilität der staatlich geförderten Privatrente kommt der BdV zu alarmierenden Renditezahlen.

"Völliger Unsinn", kontert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Nach Steuern erziele Riester Renditen zwischen drei Prozent und vier Prozent, sagt eine Sprecherin.

Der BdV hat sich die Riester-Tarife vorgenommen, die in einer aktuellen Untersuchung der Stiftung Warentest am besten und am schlechtesten abgeschnitten haben, je nach Anspardauer von 12, 20, 30 und 40 Jahren. In der Studie analysiert der BdV für jede Dauer die Rendite dieser beiden Tarife. Es handelt sich um Angebote von Hanse Merkur, SV Sachsen, DEVK, Allianz, HUK 24 und Hannoversche Leben.

Sachkenntnis spricht auch auf Versichererseite niemand dem BdV ab. Sein Vorstandsvorsitzender Axel Kleinlein ist Versicherungsmathematiker und Aktuar, er hat einst bei der Allianz gearbeitet. Auch sonst mangelt es beim BdV nicht an Fachwissen.

Das Ergebnis der Berechnungen: Kapital wird vernichtet

Der Verband geht von einem Musterfall aus, in dem die Sparerin oder der Sparer jeden Monat 85 Euro einzahlen, dazu kommt ein staatlicher Zuschuss von 175 Euro im Jahr. Bei der Entnahme addieren die BdV-Experten die Summen an Riester-Renten, die von den Gesellschaften bis zum Erreichen der durchschnittlichen Lebenserwartung ausgezahlt werden. Daraus errechnen sie die Rendite. Bei der Untersuchung der tatsächlich erzielten Renditen auf Einzahlung plus Staatszuschuss kommt die Studie auf Werte zwischen minus 2,9 Prozent und minus 0,3 Prozent - das heißt, Kapital wird vernichtet. "Sowohl Kunden als auch Steuerzahler erwarten vom Versicherungsunternehmen, dass es erfolgreich mit ihrem Geld arbeitet", sagt BdV-Chef Kleinlein.

"Die Ergebnisse zeigen, dass die Versicherer dazu strukturell nicht in der Lage sind." Kleinleins Vorwürfe: Die Versicherer haben zu hohe Kosten, vor allem im Vertrieb. Und sie kalkulieren mit Lebenserwartungen, die deutlich über den Werten des statischen Bundesamtes liegen. Das mindert die Rentenhöhe und damit die Rendite. Die BdV-Experten haben auch die "gefühlte Rendite" betrachtet - die aus Sicht des Kunden herauskommt, wenn er die staatlichen Zuschüsse als Rendite betrachtet. Sie schwankt zwischen minus 1,5 Prozent und plus 0,2 Prozent. Mit diesen entmutigenden Zahlen haben die Autoren das verglichen, was herauskommt, wenn man die Gelder unter dem Kopfkissen anspart und im Alter entnimmt. Das sei natürlich rein fiktiv, so der BdV. Man wisse, dass es nicht möglich sei, beim Ansparen unter dem Kissen den Steuerspareffekt zu erzielen.

Auch bekomme man die Zulagen nicht ausgezahlt. Allerdings, stellt man sich vor, dass jemand mit Zulagen und Steuervorteil nach der Kopfkissenstrategie verfahren würde, gibt es überraschende Ergebnisse: Die Sparerin oder der Sparer müssten stets überdurchschnittlich alt werden, um das Geld unter dem Kopfkissen zu verbrauchen. Wer heute über 20 Jahre mit Zulagen anspart und dann seine Privatrente jeden Monat entnimmt, müsste 93 Jahre alt werden, um das angesparte Geld verbraucht zu haben. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt aber 88,4 Jahre bei Frauen und 84,2 Jahre bei Männern. Bei Frauen lägen beim Tod noch zwischen 3 500 Euro und 4 800 Euro unter dem Kissen, bei Männern 7 500 Euro bis 8 500 Euro.

Die Versicherer widersprechen dem Vorwurf, die Kosten seien zu hoch

Selbst wer ohne Zulagen und Steuervorteile spart, würde laut BdV fast immer bis zum wahrscheinlichen Tod hinkommen. "Wenn ein heute 47-jähriger Sparer ab sofort den Eigenbeitrag von 85 Euro unter ein Kopfkissen legt und sich ab Alter 67 eine Rente von 74 Euro monatlich herausnimmt, was dem Angebot der DEVK entspricht, dann ist der Raum unter dem Kopfkissen im Alter von 89,9 Jahren geleert."

Der GDV hält solche Vergleiche für unseriös. "Es ist unter manchen Verbraucherschützern zum Volkssport geworden, die Riester-Rente schlecht zu schreiben", sagt die Sprecherin. "Unabhängige Untersuchungen bereits erfolgter Auszahlungen belegen eine Nachsteuerrendite der Produkte zwischen drei und vier Prozent." Allerdings: Wenn Renditen nur durch Steuereinsparungen und Zulagen erzielt werden, haben die Versicherer tatsächlich ein strukturelles Problem, wie der BdV behauptet.

Den Vorwurf überhöhter Kosten will der GDV nicht gelten lassen. "Die Anbieter nehmen für Riester-Produkte meist keine anderen Kosten als für nicht geförderte Produkte, obwohl das komplexe Förderverfahren einen um rund 70 Prozent höheren Verwaltungsaufwand erzeugt."

Auch die Kritik an den höheren Lebenserwartungen, mit denen die Branche kalkuliert, weist die Sprecherin zurück. "Versicherer, die langfristige Leistungen garantieren, müssen vorsichtig kalkulieren", sagt sie. Die dabei entstehenden Überschüsse müssten zum allergrößten Teil zur Rentenerhöhung verwendet werden.

© SZ vom 08.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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