Allianz:Sterne für den Vertreter

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Die Allianz steuert einen digitalen Kurs. Suchten Vertreter bisher in der Region nach Kunden, etwa im Sportverein, sind viele nun bundesweit tätig. (Foto: Getty)

Die Kundenzufriedenheit zählt: Der Konzern testet ein elektronisches Bewertungssystem. Etwa 200 Agenten nehmen an dem Projekt teil.

Von Herbert Fromme, Unterschleißheim

Der Vertreter hat wenig Zeit und ist bei der Beratung via Skype kurz angebunden? Zack, da vergibt der Kunde die Note 1, die schlechteste auf der Skala von 1 bis 5. Der Vertreter hat dafür gesorgt, dass der Schaden schnell reguliert wurde? Das belohnt der zufriedene Versicherte mit der Bestnote 5 Sterne.

So etwa stellt sich die Allianz ihr neues Bewertungssystem für Vertreter vor, das gerade im Testbetrieb läuft. Organisiert wird es vom Spezialisten Ekomi in Berlin, der für Neutralität sorgen soll. Ekomi betreibt ähnliche Bewertungssysteme schon für Sixt, Air Berlin, Bild, BMW und auch für die Versicherer Ergo und Axa. Bei der Allianz wird die Note auf der Webseite des Vertreters veröffentlicht - und von der Allianz-Zentrale genau beobachtet. Konzernchef Oliver Bäte hat die Kundenorientierung schließlich zu einem zentralen Maßstab für den Unternehmenserfolg erklärt,

"Wir haben inzwischen 200 Agenturen, die im Testfeld mit dem Online-Bewertungssystem arbeiten", sagt Joachim Müller, Vertriebsvorstand der Allianz Deutschland und damit Chef von 8000 Agenturen. Für Müller ist die Bewertung wichtiger Bestandteil der "digitalen Agentur". "Wir haben uns an gängigen Bewertungssystemen orientiert", sagt er. "Im Online-Markt ist das notwendig, um das Vertrauen, das ein Vertreter in der Offline-Welt hat, auch im Netz zu spiegeln". Und was macht er mit Vermittlern mit schlechten Noten? "Wenn jemand konstant schlechte Bewertungen hat, würden wir ihm helfen, wieder mehr Kundenzufriedenheit zu erreichen."

Die Allianz hat ein Problem, wie alle Versicherer. Das Internet verändert die Branche rapide, gerade junge Kunden informieren sich online, schließen möglicherweise auch im Web ab oder kombinieren das mit telefonischer oder persönlicher Beratung. Vergleichsportale boomen, viele Start-ups wollen Versicherungskunden gewinnen. Haben da die 235 000 Vermittler in Deutschland mit ihrem verstaubten Image noch eine Chance?

Möglicherweise nicht alle, gibt Müller zu. "Aber für die Vertreter, die in sozialen Netzen aktiv sind, ist das eine Jahrhundertchance auf Wachstum", sagt er. "Früher hatte ein Vertreter seine Netze nur in seiner Region, in der freiwilligen Feuerwehr oder beim Sportverein. Als digitale Agentur kann er bundesweit tätig sein." Einen Gebietsschutz für Vertreter gibt es nicht.

Die Versicherer locken Kunden mit Events und Gewinnspielen

Die Allianz-Agentur Hiller & Co. in Unterschleißheim bei München gehört zur Testgruppe. 72 Kunden haben das Unternehmen bewertet - Note 4,9 von 5. Für Müller sind die Inhaber Thomas Weckerle und Markus Esche Paradebeispiele für Betreiber einer digitalen Agentur. Insgesamt haben sie 4188 Kunden. Davon lassen sich 1737 den Newsletter schicken, 386 haben den "elektronischen Versicherungsordner" der Allianz. Die Agentur ist auf Facebook sehr aktiv. 1884 mal haben Nutzer die Seite mit "gefällt mir" ausgezeichnet. Sie veranstaltet viele Wettbewerbe: Da werden Karten für ein Champions-League-Spiel des FC Bayern oder Pralinen verlost, wenn Nutzer die Seite positiv bewerten. Die Zahl der Online-Anfragen und Abschlüsse ist allerdings bisher gering. Von bestehenden Kunden kamen im laufenden Jahr 56, von Neukunden 14 Anfragen. "Darüber wurden vier neue Geschäfte abgeschlossen", sagt Mitinhaber Weckerle.

Die geringe Zahl mag daran liegen, dass Hiller eine Allround-Agentur ist und keinen besonderen Schwerpunkt hat. Vertriebschef Müller schwärmt vom Vertreter Jürgen Büscher in Köln, der sich auf die Tierversicherung spezialisiert hat. "Das ist unsere aktivste Agentur in der digitalen Welt", sagt Müller. "Büscher hat die meisten seiner Kunden nie gesehen." Sie schließen online ab, vor allem Tierkranken- und Haftpflichtversicherungen.

Bei der Benotung sei die Frequenz das Wichtigste, sagt Müller. "Wenn Sie im Internet wenige oder alte Bewertungen eines Hotels sehen, sind die für sie ja auch nicht relevant." Bislang haben wohl vor allem die wohlgesonnenen Kunden bewertet - die schlechteste Note der 200 Testagenturen liegt bei 4,6 von 5

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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