Flugzeugbau:Gewerkschaften wollen Airbus-Umbau verhindern

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Sitzt alles? Ein Airbus-Mitarbeiter überprüft einen "A380". (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Der Konzern will zwei große Tochterfirmen stärker integrieren. Die Betriebsräte fürchten, dass sie am Ende doch verkauft werden könnten.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Auf den ersten Blick hätten die Gewerkschaften in Deutschland und Frankreich die Nachricht eigentlich begrüßen müssen. Airbus-Chef Guillaume Faury hatte zuletzt verkündet, dass die beiden Konzerntöchter Premium Aerotec und Stelia Aerospace endgültig nicht verkauft werden, sondern im Gegenteil im Konzern bleiben. Damit hätte die Befürchtung, dass der Konzern aufgespalten würde, keine Grundlage mehr gehabt. Doch der von Faury angestoßene Umbau von Airbus sorgt nun im Gegenteil für große Konflikte mit den Arbeitnehmern. Und der Ton ist schon nach wenigen Wochen rau: "Das Vertrauen in das Management ist gleich null", so Konzernbetriebsratschef Holger Junge.

Premium Aerotec und Stelia bauen unter anderem die meisten Rumpfsegmente und -schalen für alle Airbus-Modelle. Die beiden Firmen entstanden 2008 in der Absicht, sie einst zu verkaufen - Boeing hatte kurz zuvor das wichtige Werk in Wichita/Kansas als Spirit Aerosystems verkauft. Doch aus der Trennung wurde nie etwas, bis Faury sie nun offiziell einkassierte. Premium Aerotec und Stelia sollen mit einigen Airbus-Standorten zusammengelegt werden und unter neuem Namen, aber dauerhaft als konzerninterne Töchter weiterexistieren.

Faury argumentiert im Wesentlichen so: Airbus müsse sich darauf vorbereiten, die nächste Generation von Flugzeugen zu entwickeln. Wegen der Digitalisierung und weil komplett neue Technologien wie ein Wasserstoffantrieb eingeführt werden, spreche alles dafür, größere Teile der Fertigung im Haus zu behalten und weniger an die Lieferanten zu vergeben. Daher sei es auch sinnvoll, Premium Aerotec und Stelia nicht mehr als externe Zulieferer zu betrachten, sondern als Kerngeschäft.

Die Botschaft ist irgendwie auf dem Weg zu den Gewerkschaften verlorengegangen. Junge sieht im Gegenteil "die große Gefahr", dass die neu zusammengebauten Konzernteile "sehr schnell verkauft werden." Dies sei vor allem vor dem Hintergrund anstehender Großinvestitionen in die nächste Flugzeuggeneration denkbar, über die schon in zwei oder drei Jahren wichtige Entscheidungen zu treffen seien. Es sei also strategisch wichtig, möglichst viel im Konzern zu halten.

Dass Airbus schon in zwei oder drei Jahren ein neues Kurz- und Mittelstreckenflugzeug starten könnte, dass um 2030 erstmals ausgeliefert werden würde, ist allerdings keinesfalls sicher, sondern sogar eher unwahrscheinlich. Airbus wartet derzeit ab, ob Boeing sich dafür entscheidet, einen Nachfolger für die 737 Max zu bauen, und, falls ja, wie dieser genau aussieht. Boeing lässt sich mit der Entscheidung Zeit, außerdem soll schon 2035 das erste Wasserstoffflugzeug fertig sein. Der Konflikt macht aber die große Verunsicherung deutlich, die den Flugzeugbauer und seine Mitarbeiter seit der Corona-Pandemie erfasst hat. Die Produktion ist um rund 40 Prozent und in einzelnen Teilen weit stärker zurückgefahren worden. Unterschwellig schwingen noch nationale Eifersüchteleien mit: So hat die deutsche Seite deutlich wahrgenommen, dass in Toulouse eine neue Endmontagelinie für die Kurz- und Mittelstreckenmodelle A320neo und A321neo entstehen soll - beide werden auch in Hamburg gebaut. Toulouse ist wegen der großen Abhängigkeit von den besonders schwer kriselnden Langstreckenflugzeugen aber besonders hart getroffen und kann dringend mehr Beschäftigung brauchen.

Airbus hat nun die ursprünglichen Pläne, die Faury im April erstmals vorgestellt hat, verändert. Die neue Tochtergesellschaft, die derzeit unter dem Projektnamen Airbus Aerostructures läuft, soll nun auch noch die Ausrüstung von Rumpfteilen übernehmen, also Kabel und Rohre einbauen, bevor die Sektionen in die Endmontage geliefert werden. Damit wäre die neue Firma mit 9600 Mitarbeitern ungefähr gleich groß wie die in Frankreich entstehende neue Tochtergesellschaft. Und eigentlich war klar, dass Airbus die Kleinteile-Produktion verkaufen will, weil dies selbst Faury zu viel der Fertigungstiefe ist. Doch nun prüft das Unternehmen, wie auch der Teil noch im Konzern bleiben kann.

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