Berlin:Bienensterben und Massentierhaltung: Demo für Agrarwende

Lesezeit: 2 min

Berlin (dpa/bb) - Trommeln, bunte Kostüme, Kochtopf-Schlagen und 160 dekorierte Trecker: Es hatte schon einen Hauch von Karneval, als sich Tausende Demonstranten am Samstagvormittag direkt vor dem Südausgang des Berliner Hauptbahnhofs versammelten. Reisende kamen kaum durch. Allerdings ging es nicht ums Feiern, sondern um ein ernstes Thema. Nach Veranstalterangaben waren 33 000 Menschen bei der Demonstration für eine Agrarwende unterwegs.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Trommeln, bunte Kostüme, Kochtopf-Schlagen und 160 dekorierte Trecker: Es hatte schon einen Hauch von Karneval, als sich Tausende Demonstranten am Samstagvormittag direkt vor dem Südausgang des Berliner Hauptbahnhofs versammelten. Reisende kamen kaum durch. Allerdings ging es nicht ums Feiern, sondern um ein ernstes Thema. Nach Veranstalterangaben waren 33 000 Menschen bei der Demonstration für eine Agrarwende unterwegs.

Unter dem Motto „Wir haben es satt“ waren Bauern aus ganz Deutschland mit ihren Traktoren nach Berlin gefahren. Gemeinsam mit rund 50 Verbänden und Umweltinitiativen protestierten sie für mehr Bauernrechte weltweit und für eine ökologischere Landwirtschaft. „Keine Gentechnik auf unseren Tellern“ oder „Unser täglich Brot geht auch ohne Tod“ waren einige Kommentare auf den bunten Transparenten.

Die industrielle Land- und Ernährungswirtschaft verursache „globale Probleme für Bauern, Klima, Tiere und Umwelt“, sagte Jochen Fritz, Sprecher des Netzwerks „Wir haben es satt“. Es sei ein Umdenken in der Politik notwendig.

Für den Trecker-Konvoi, der gegen Mittag in Richtung Regierungsviertel losrollte, hatten einige Landwirte tagelange Anreisen auf sich genommen. Ostfriesland und Schleswig-Holstein waren genauso vertreten wie Bayern und Sachsen. Auffällig viele Traktoren hatten Nummernschilder aus dem Wendland (Landkreis Lüchow-Dannenberg), wo Bauern wegen des Atommüllagers Gorleben schon seit Jahrzehnten an Protesten teilnehmen.

„Ich war zwei Tage lang mit Trecker und Anhänger unterwegs und bin dann in den Sturm gekommen“, sagte ein bayerischer Landwirt aus Colmberg (Mittelfranken). Bei Wittenberg seien ihm im Wald zahlreiche Bäume vor die Zugmaschine gefallen. „Das war schon lebensgefährlich, aber die Demo ist es mir wert“.

Viele brachten ihre gesamte Familie mit nach Berlin. Kinder im Vorschulalter waren ebenso dabei wie Senioren. Manche hatten sich fantasievoll verkleidet, als Heuschrecke auf Stelzen, als Kuh oder als Huhn. Eine Frau aus Paderborn war als rosa Schwein unterwegs. „Ich möchte damit ein Zeichen gegen Massentierhaltung setzen. Schweine sind Lebewesen und fühlen den Schmerz wie wir Menschen. Sie werden teilweise auf brutalste Art getötet“, sagte die 39-Jährige.

Ein Imker aus Berlin mit weißer Arbeitskluft und Netzmaske auf dem Kopf schob einen Sarg vor sich her. „Damit möchte ich auf das Bienensterben durch Glyphosat aufmerksam machen. Das Gift hat ja gerade erst europaweit eine Zulassung für weitere fünf Jahre bekommen“.

In Deutschland zeigte sich in den letzten Jahren ein immer größeres Bewusstsein für gesunde Ernährung. Ein Trend dabei ist veganes Essen. „Die Demo wird bei der Agrarministerkonferenz zu diesem Thema wahrscheinlich kaum Wirkung zeigen“, sagte Demoteilnehmer Daniel aus Berlin-Steglitz. „Aber es ist uns wichtig, hier Flagge für vegane Ernährung zu zeigen“, erklärte seine Begleiterin Rosa.

Applaudierende Passanten und zahlreiche Musiker begleiteten den Demonstrationszug. Neben dem Wirtschaftsministerium hatte sich die Trommelgruppe Solar Drums der Umweltorganisation Greenpeace mit symbolischen Atomfässern aufgebaut. Bereits vor dem offiziellen Start des Demonstrationszugs hatten Aktivisten dort mit lautem Kochtopf-Klopfen am Samstagmorgen ein Straßenkonzert improvisiert. Politiker der Agrarministerkonferenz sollten damit auf die Proteste der Bauern aufmerksam gemacht werden.

„Es ist alles friedlich abgelaufen, sowohl bei dem Kochtopf-Konzert als auch bei dem eigentlichen Demonstrationszug mit Trecker-Konvoi“, resümierte ein Polizeisprecher am Samstagnachmittag. 330 Beamte seien im Einsatz gewesen. Die Zahl der Teilnehmer doppelt so hoch gewesen wie bei der gleichartigen Demonstration vor einem Jahr, hieß es bei den Veranstaltern. „Daran sieht man, dass die Themen Landwirtschaft und Ernährung immer wichtiger werden“, sagte Sprecher Christian Rollmann.

Am Rande der Agrarmesse Grüne Woche bekannten sich Regierungsvertreter aus 69 Staaten zu einer besseren weltweiten Tierhaltung, die auch stärker zum Klimaschutz beitragen soll. Die Produktion müsse für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung ausgebaut werden, sagte Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) am Samstag in Berlin.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: