Abgasskandal:Gericht verurteilt Porsche SE zu 47 Millionen Euro Schadenersatz

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In der Abgasaffäre hat die Porsche-Holding zu spät über Risiken informiert, urteilte das Landgericht Stuttgart. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Der VW-Großaktionär Porsche muss Anlegern im Dieselskandal 47 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Das hat das Landgericht Stuttgart entschieden.
  • Die Konzernholding hätte die Anleger nach Meinung des Gerichts früher über die Manipulationen an Dieselfahrzeugen informieren müssen.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Das Landgericht Stuttgart hat die VW-Dachgesellschaft Porsche Automobil Holding SE (PSE) im Dieselskandal zu einer Zahlung von 47,2 Millionen Euro Schadenersatz verurteilt. Es ist das erste Mal, dass ein deutsches Gericht Aktionären des Automobil-Imperiums einen Schadenersatz zuspricht. In der Holding verwalten die Eigentümer-Familien Porsche und Piëch ihre Mehrheits-Anteile am VW-Konzern.

Mehrere große Aktionäre hatten die Stuttgarter Holding verklagt. Sie seien zu spät über den Dieselskandal und dessen finanzielle Folgen für den Volkswagen-Konzern informiert worden, argumentierten die Kläger. Das Gericht schloss sich dem an. Das Unternehmen habe gegen seine Publizitätspflichten verstoßen, urteilte Einzelrichter Fabian Reuschle. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die PSE kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Das Verfahren könnte dann vor dem Oberlandesgericht Stuttgart landen.

Das Gericht sprach dem Pensionsfonds der britischen Stadt Wolverhampton 3,2 Millionen Euro zu. Zahlreiche weitere Anleger sollen insgesamt 44 Millionen Euro erhalten. Der ehemalige VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, der gleichzeitig auch Chef der Porsche SE war, habe seine Pflichten mindestens grob fahrlässig verletzt, begründete der Richter seine Entscheidung. Spätestens seit Ende Mai 2014 habe Winterkorn vom Einsatz einer illegalen Abschalteinrichtung in VW-Dieselautos gewusst - dies hätte er den Anlegern auch mitteilen müssen.

Dem Auto-Imperium droht noch mehr Ärger

Stattdessen veröffentlichte die Holding aber erst im September 2015 eine offizielle Mitteilung, nachdem die US-amerikanischen Behörden den Betrug öffentlich gemacht hatten. Den Anlegern sei durch den folgenden Kursrutsch der Aktie ein hoher Schaden entstanden. Die Porsche SE hält die Klagen für unbegründet. Sie beruft sich darauf, dass es eine Verschwiegenheitspflicht zwischen den Vorständen der beiden Unternehmen gebe. Deshalb habe Winterkorn die Holding über Volkswagen-Interna nicht informieren müssen. Ob diese Argumentation die Richter in der nächsten Instanz überzeugt, ist offen.

Volkswagen droht außerdem noch mehr Ärger. Vor dem Oberlandesgericht ist noch ein ähnliches Kapitalanleger-Musterverfahren anhängig. Hier fordern mehr als tausend institutionelle und private Kläger sowohl von der Volkswagen AG als auch von der Porsche SE Schadenersatz wegen Verstoßes gegen die Publizitätspflichten. Sollten diese Verfahren so ausgehen wie jenes am Mittwoch in Stuttgart, wird es teuer für Volkswagen und PSE - und damit für die Porsches und Piëchs.

Doch die Porsche SE zeigt sich optimistisch: Man sei "überzeugt, dass die Urteile in der nächsten Instanz keinen Bestand haben werden". Das Oberlandesgericht Stuttgart habe im Juli darauf hingewiesen, dass die zwei am Mittwoch entschiedenen Verfahren durch die Kammer und nicht durch den Einzelrichter zu entscheiden seien. "Dennoch hat das Landgericht als Einzelrichter entschieden", kritisiert ein PSE-Sprecher. Zudem seien sowohl das Oberlandesgericht Stuttgart als auch das Oberlandesgericht Braunschweig der Auffassung, dass die Verfahren wegen des Kapitalanleger-Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht Braunschweig auszusetzen sind, um unterschiedliche Entscheidungen zum selben Sachverhalt zu vermeiden.

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