Abgasaffäre:Vollgas oder Vollbremsung

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Der Umgang von Porsche mit dem Dieselskandal lässt Fragen offen. Die Bundeskanzlerin kündigt die Entscheidung über eine Hardware-Nachrüstung für kommenden Montag an. Dass der Steuerzahler zahlen muss, ist nicht ausgeschlossen.

Von Stefan Mayr und Klaus Ott, Stuttgart

Mit seiner Ankündigung, ab sofort keine Diesel-Fahrzeuge mehr zu verkaufen, ist Porsche-Chef Oliver Blume am Sonntag ein öffentlichkeitswirksamer Aufschlag gelungen. Am Tag, als die Chefs von BMW, Daimler und Volkswagen im Kanzleramt zum Dieselgipfel vorfuhren, stand der Stuttgarter Sportwagenbauer als Vorreiter da, der seinen Konkurrenten eine Wagenlänge voraus ist: Porsche, das war Blumes gut getimte Botschaft, ist schneller als alle anderen beim Abschied von einer umstrittenen und gesundheitsschädlichen Technologie und intensiviert den Umstieg auf die lokal emissionsfreie Mobilität. Doch Porsche soll sich nicht immer derart vorbildlich verhalten haben, wie der Chef das suggeriert.

Ein Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes vom 27. Juli 2017, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, legt nahe, dass auch Porsche bei der Aufarbeitung des Dieselskandals nicht immer mit offenen Karten gespielt habe. "Porsche hat die ... Kriterien in den dem KBA vorgelegten ... Dokumenten nicht angegeben", kritisieren die Beamten aus dem Flensburger Amt. Stattdessen seien diese Kriterien "erst genannt" worden, "als die Veröffentlichung durch den Spiegel erfolgt war". Porsche habe demnach nur so viel preisgeben, wie öffentlich ohnehin bekannt war. Hat Blume also zur Zusammenarbeit mit den Behörden von Vollgas gesprochen - während er tatsächlich aber auf die Bremse trat?

Ein Porsche-Sprecher sagte auf Anfrage, dass Porsche den betroffenen Motor nicht selbst produziert habe, sondern von der Konzern-Schwester Audi geliefert bekam. Nach dem Erscheinen des Spiegel-Artikels am 10. Juni 2017 habe man zunächst interne technische Prüfungen durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Prüfungen wurden dem KBA vor Ende Juni mitgeteilt. Am 27.

Juli 2017 habe das KBA den Rückruf der Fahrzeuge angeordnet. Das Treffen der Vertreter der Autoindustrie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntagabend ging unterdessen ohne konkrete Ergebnisse zu Ende. Am Montag kündigte Merkel nun an, am 1. Oktober werde eine Entscheidung über den Kurs der Bundesregierung in der Dieselkrise fallen. Sie sagte, bei einem Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD gehe es kommenden Montag auch um die Frage, wie es "angesichts von Fahrverboten mit den Dieselautos" weitergehe. Am Sonntag habe sie mit den Chefs der Autobauer auch über die Nachrüstung von älteren Diesel-Fahrzeugen gesprochen, "und wir werden am nächsten Montag die Entscheidung finalisieren", sagte die CDU-Chefin.

Die Industrie lehnte solche Hardware-Nachrüstungen bisher als zu aufwendig ab und warnte vor technischen Nachteilen. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer deutete an, am 1. Oktober könnten auch Nachrüstungen beschlossen werden. Man habe sich auf einen Maßnahmenkatalog verständigt, dieser schließe Hardware-Nachrüstungen "ausdrücklich und grundsätzlich nicht mehr aus". Ziel müsse ein Paket sein, "das den Menschen entsprechende Sicherheit gibt." Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) strebt dem Handelsblatt zufolge an, dass Halter bestimmter Diesel-Fahrzeuge eine Nachrüstung mitbezahlen. Scheuer habe beim Dieselgipfel vorgeschlagen, dass nur solche Diesel-Fahrzeuge umgerüstet werden, bei denen der nachträgliche Einbau von Stickoxidfiltern technisch sinnvoll sei. Dies würde vor allem die Dienstwagenflotten mit den Modellen VW Passat, BMW 3er und Mercedes C-Klasse betreffen.

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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