Es sei festgelegt worden, dass die Warnlampe erst nach 11 500 und nicht schon nach 10 000 Meilen blinke. Mit der Folge, dass weniger Adblue verbraucht werden durfte. Ganz egal, ob die Abgasreinigung noch funktionierte oder nicht. So geht das aus dem Papier hervor, in dem die beiden langjährigen Spitzenmanager von Audi und VW schwer belastet werden. Die SZ kennt ihre Namen, nennt sie aber einstweilen nicht, um eventuelle Ermittlungen nicht zu gefährden.
Die Staatsanwaltschaft München II teilte auf Anfrage mit, die Vernehmungen von P. seien noch nicht abgeschlossen. "Wir prüfen die Angaben." Bisher werde nicht gegen heutige oder frühere Vorstandsmitglieder von Audi ermittelt. Also auch nicht gegen den ehemaligen Entwicklungsvorstand Stefan Knirsch, der in der Zeittafel ebenfalls vorkommt. Er soll am 11. Oktober 2013 mit einer schriftlichen "Risikoeinschätzung" über die Gesetzesverstöße mit dem "Defeat Device" in den USA informiert worden sein; er soll es aber unterlassen haben, die Behörden zu informieren. Knirsch saß damals noch nicht im Audi-Vorstand, in den er später aufrückte, bevor er wegen seiner offenkundigen Verwicklung in die Abgasaffäre gehen musste.
Dem Papier zufolge soll nicht nur Knirsch, sondern der gesamte Audi-Vorstand in die Affäre verwickelt sein. In mehreren Arbeitskreisen sei der Vorstand einschließlich Audi-Chef Stadler wiederholt über das Adblue-Problem informiert worden. So am 1. April 2010 und am 11. Juni 2012. Bei letzterem Termin sei dem Audi-Vorstand gesagt worden, dass ein regelmäßiges Nachtanken von Adblue notwendig wäre. Dass Autobesitzer den klebrigen Harnstoff selbst nachfüllen konnten, sei aber erst am 25. Juli 2014 vom Vorstand genehmigt worden, und dann auch nur für neue Fahrzeuge.
Ob diese Vorwürfe Anlass geben, gegen den Vorstand zu ermitteln, bleibt abzuwarten. Es könnte aber für ein Bußgeld gegen Stadler & Co. reichen, sofern die Vorstandsmitglieder sich nicht ausreichend gekümmert und somit ihre Amtspflichten verletzt hätten. Das wiederum könnte zu Schadenersatzforderungen von Audi führen. Ein Bußgeldverfahren gegen den Vorstand läuft bereits; die Staatsanwaltschaft hat aber noch keinen Manager namentlich eingetragen. Stadler hat wiederholt erklärt, er habe von den manipulierten Schadstoffmessungen nichts gewusst. Das sagt auch Winterkorn, der wegen der Abgasaffäre als Vorstandschef bei VW gehen musste.
SZ, NDR und WDR haben Audi und Volkswagen die Kerninhalte des 28-Seiten-Papiers geschildert. Volkswagen erklärte dazu: "Mit Verweis auf laufende Ermittlungen kommentieren wir die von Ihnen genannten Informationen nicht."