Zentralbank:EZB übernimmt Aufsicht über Europas Banken

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Ende eines monatelangen Streits: Die Finanzminister der Europäischen Union haben sich über eine zentrale Bankenaufsicht verständigt. Damit sind mehr als 6000 Banken der Euro-Zone künftig einer einheitlichen Kontrolle unterworfen. Den Weg dahin hatten Deutschland und Frankreich mit einem Kompromiss freigemacht. Bundeskanzlerin Merkel lobte die Einigung - und ihren Finanzminister.

Durchbruch bei den Verhandlungen in Brüssel: Die EU-Finanzminister haben sich am Donnerstagmorgen auf eine zentrale Bankenaufsicht für die Euro-Zone ab 2014 geeinigt ( hier die Erklärung als PDF).

Mit der Aufsicht soll das gemeinsame Währungsgebiet krisensicherer gemacht werden. Sie soll verhindern, dass Banken von nationalen Aufsichtsbehörden nicht streng genug kontrolliert werden und dann durch Finanzprobleme Staaten in Schwierigkeiten bringen. In der Krise waren etwa Länder wie Spanien oder Irland gezwungen, ihre Banken mit Milliardenbeträgen aus Steuergeldern zu stützen. Worauf haben sich die Finanzminister im Detail geeinigt?

  • Die Kontrolleure sollen sogenannte systemrelevante, also besonders große und grenzüberschreitend tätige Banken überwachen. Das soll Geldhäuser betreffen mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 20 Prozent der Wirtschaftskraft ihres Heimatlandes.
  • Die anderen Banken verbleiben unter der nationalen Aufsicht - die neuen Kontrolleure sollen aber das Recht haben, notfalls bei jeder der 6000 Banken in der Währungsunion durchzugreifen.
  • Die neue Aufsicht soll auf jeden Fall für die 17 Euro-Länder gelten und bei der EZB angesiedelt werden, andere EU-Staaten können sich freiwillig anschließen.
  • In dem neuen Aufsichtsgremium sollen je ein Vertreter der 17 nationalen Aufsichtsbehörden der Euro-Länder, vier EZB-Vertreter sowie ein Präsident sitzen. Ein Lenkungsausschuss mit weniger Mitgliedern soll dem Gremium vorarbeiten.

Die zentrale Bankenaufsicht ist eine Voraussetzung dafür, dass angeschlagene Banken direkt Finanzspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM bekommen können. Dies wird nun voraussichtlich nicht vor März 2014 geschehen. Denn erst zu diesem Zeitpunkt soll die neue Aufsicht voll arbeitsfähig sein. Das habe EZB-Chef Mario Draghi versichert, berichtete EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Bis zu diesem Termin laufe die Aufbauphase.

Deutschland und Frankreich schließen Kompromiss

Deutschland und Frankreich hatten mit einem gemeinsamen Kompromisspapier den Weg für die Einigung aller 27 Partner freigemacht. Sie verständigten sich bei zwei zentralen Fragen: der Zahl der überwachten Banken und der strikten Trennung von geldpolitischen Entscheidungen und Bankenaufsicht innerhalb der EZB.

"Das ist ein Signal, das sich auch an die übrige Welt richtet", bilanzierte der französische Finanzminister Pierre Moscovici. "Man kann Europa vertrauen, man kann der Euro-Zone vertrauen." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lobte den Kompromiss: "Wir stehen zu dem, was wir verabredet haben, Schritt für Schritt Europa voranzubringen."

Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Einigung der EU-Finanzminister. "Es ist gar nicht hoch genug einzuschätzen, dass sich die Finanzminister der Euro-Zone heue Nacht auf einen rechtlichen Rahmen und die Grundzüge eines gemeinsamen Aufsichtsmechanismus geeinigt haben", sagte die CDU-Vorsitzende im Bundestag. Die Pläne müssten jetzt natürlich umgesetzt werden, damit die Bankenaufsicht im März 2014 in Kraft treten könne.

Die Aufsicht werde dann, sobald sie funktionsfähig sei, "Fehlentwicklungen im nationalen Bankensektor frühzeitig aufdecken und korrigieren können, bevor Gefahren für die gesamte Euro-Zone entstehen", sagte Merkel. Die Regierungschefin dankte ausdrücklich Finanzminister Schäuble, dem es gelungen sei, "Kernforderungen Deutschlands wirklich durchzusetzen".

Der rechtliche Rahmen für das Mammutvorhaben soll laut Schäuble bis Ende Februar 2013 stehen. In die Gesetzgebung ist das Europaparlament eingebunden. Das bedeutet eine Verspätung. Die Staats- und Regierungschefs hatten vorgegeben, den Rahmen bis zum 1. Januar zu errichten.

Viele EU-Staats- und Regierungschefs hatten dem Vernehmen nach darauf gedrungen, dass der Streit um die Aufsicht nicht wieder ein Gipfeltreffen bestimmt. Der Wintergipfel wird am späten Donnerstagnachmittag beginnen. Schon beim Treffen im Oktober hatte die Aufsicht zu zähen Debatten geführt.

Über die neue Bankenaufsicht wurde seit Monaten gestritten. Die zentrale Aufsicht gilt als Prestigeprojekt und soll in der Schuldenkrise das Vertrauen in den Finanzsektor wiederherstellen.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/sebi/bero - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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