Berlin:Heizen könnte um 50 Prozent teurer werden

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Der Thermostat einer Heizung in einer Privatwohnung. (Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Symbolbild)

Die Heizkosten für Berliner Mieter werden aus Sicht der Wohnungswirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um mehr als die Hälfte steigen. "Das ist ein enormer...

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Berlin (dpa/bb) - Die Heizkosten für Berliner Mieter werden aus Sicht der Wohnungswirtschaft in diesem Jahr voraussichtlich um mehr als die Hälfte steigen. „Das ist ein enormer Preissprung, den auch die steuerpflichtige Einmalzahlung des Bundes in Höhe von 300 Euro nicht auffängt“, teilte Maren Kern, Vorstandsmitglied des Verbands Berlin-Brandeburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) am Mittwoch mit. Für einen Durchschnittshaushalt in einer 60-Quadratmeter-Wohnung bedeute dies zusätzliche Kosten von mindestens 360 Euro in diesem Jahr.

Eine Umfrage des Verbands unter den rund 340 Mitgliedsunternehmen im Juni habe außerdem gezeigt, dass bei fast 85 Prozent von diesen die Energiepreise seit Anfang des Jahres erhöht wurden - bei knapp 70 Prozent um 25 bis 50 Prozent oder sogar um mehr als die Hälfte. „Die Heizkosten werden auch weiter deutlich steigen“, sagte Kern mit Blick auf das kommende Jahr.

Haupttreiber sind die stark gestiegenen Gaspreise in Folge des Kriegs in der Ukraine. Die Gaskrise hat sich mit den Unsicherheiten rund um Lieferungen aus Russland zuletzt weiter verschärft. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte jüngst an, dass im Falle einer Gasmangellage auch Verbraucher einen Beitrag zum Energiesparen leisten müssten. Seither gibt es eine Diskussion über niedrigere Heiztemperaturen in Mietwohnungen.

Die Temperatur in der Nacht zu senken, wie es der Immobilienkonzern Vonovia plant, sei in Berlin laut Umfrage von der Mehrheit der Unternehmen allerdings nicht vorgesehen, betonte BBU-Chefin Kern. Für solche Maßnahmen fehle eine einheitlich gesetzliche Regelung. Bislang gebe es lediglich Rechtssprechungen, die eine Temperatur zwischen 20 und 22 Grad tagsüber und zwischen 17 bis 18 in der Nacht vorschrieben. Weichen die Vermieter davon ab, sei das grundsätzlich ein Grund für eine Mietminderung.

Branche und Bewohner kämpfen nicht nur mit gestiegenen Energiepreisen. Auch unterbrochene Lieferketten und fehlende Materialien wie Holz oder Stahl machen den Unternehmen zu schaffen und wirken sich auf den Wohnungsbau in der Hauptstadt aus. Die Zahl der neu begonnenen Baustellen sei schon im Jahr 2021 um knapp ein Drittel im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

„Wofür im letzten Jahr keine Grundsteine gelegt worden sind, kann nächstes oder übernächstes Jahr leider auch nicht neu bezogen werden“, sagte Kern. Viele Unternehmen hätten laut Umfrage Bauprojekte deshalb verkleinert, verschoben oder ganz gestrichen.

Mit Blick auf die Pläne des Senats, in zehn Jahren 200.000 neue Wohnungen zu bauen, - 100.000 noch in dieser Legislaturperiode - ist Kern skeptisch. „Ich halte das für dieses Jahr für schwierig oder kaum noch machbar“, betonte sie.

Um aufgrund der hohen Energiepreise in Not geratene Berliner zu unterstützen, hat der Senat einen Härtefallfonds in Höhe von 380 Millionen Euro auf den Weg gebracht. Über die genaue Verwendung und Aufteilung des Geldes ist noch nicht entschieden. SPD-Partei- und Fraktionschef Raed Saleh hatte jüngst gefordert, den Fonds auf bis zu eine Milliarde Euro aufzustocken und dafür auf eine geplante Tilgung von Schulden zu verzichten.

Aus Sicht des Wohnungsfirmenverbands müssten Menschen mit weniger Einkommen stärker entlastet werden, etwa durch einen Deckel für die Energiepreisbelastung. So könnten die warmen Betriebskosten für Mieterinnen und Mieter bei 40 Prozent der Nettokaltmiete gedeckelt werden. Die Differenz zu den Marktpreisen könnten staatliche Transferfonds decken. „Ein solches Modell würde eine Überschreitung bestimmter Steigerungsgrenzen bei den Energiepreisen vermeiden“, teilte Kern mit.

Außerdem hätten viele Wohnungsunternehmen ihren Mietern schon empfohlen, die Vorauszahlungen für die Heizkosten freiwillig zu erhöhen. Kern appellierte, diese Angebote anzunehmen oder Rücklagen zu bilden.

© dpa-infocom, dpa:220713-99-06365/3

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