Uniformen Deutsche Bahn:Designermode auf Schienen

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Bürothema der Woche: Guido Kretschmar entwirft neue Bahnuniformen. (Foto: SZ)

Bitte weitergehen, es gibt nichts zu sehen: Die neue Uniform der Deutschen Bahn wurde offenbar für Personal entworfen, das nicht angesprochen werden will. Eine Stilkritik.

Von Violetta Simon

Wer in seiner Dienstzeit Uniform trägt, sollte modisch nicht allzu hohe Ansprüche haben. Im Gegensatz zur Modebranche, wo Designer zwei bis vier Kollektionen im Jahr herausbringen, folgen große Unternehmen einem ganz eigenen Zyklus. Da können schon mal zwei bis vier Jahrzehnte vergehen, bis die Outfits der Mitarbeiter ersetzt werden.

So gesehen können die Angestellten der Deutschen Bahn von Glück reden, dass schon jetzt, gerade einmal 15 Jahre nach Einführung der letzten Uniform, eine Überholung ihrer UBK - "Unternehmensbekleidung" - ansteht. Vor allem, wenn man bedenkt, in welchen Zeitabständen die Bahn beispielsweise ihre Züge oder Gleise erneuert.

Dass der Konzern den Designer Guido Maria Kretschmer mit der neuen Kollektion beauftragt hat, kann nur eines bedeuten: Die Deutsche Bahn soll glamouröser werden! Bevor sich jetzt alle erschrecken und mutmaßen, ob der letzte Rest Budget in die Outfits der Bahnmitarbeiter fließt statt in die Instandhaltung des Schienennetzes: Als Moderator der Vox-Show "Shopping Queen" weiß der 51-Jährige, wie man mit wenig Geld optisch was hermacht.

Nach einem Blick auf die kreuzbraven Uniformen fragt man sich allerdings: Warum hat er sein Potenzial nicht ausgeschöpft?

Die Deutsche Bahn wollte sich und ihre Mitarbeiter moderner, schicker erscheinen lassen. Doch in wadenlangen Röcken und schmal geschnittenen Hosen mit Bügelfalte sehen die Bahnangestellten aus wie eine gesichtslose Armee von Legomännchen. Dagegen sind die Uniformen, die Kretschmers Vorgängerin Ulrike Schoeller designt hat, geradezu gewagt.

Bisher wurden die Bahn-Uniformen von der gelernten Schneiderin Ulrike Schoeller entworfen. (Foto: Robert Haas)

Kretschmers Kollektion scheint einem klaren Auftrag zu folgen: Bloß nicht die Blicke unzufriedener Bahnkunden auf sich ziehen. Möglichst mit dem tristen Hintergrund verschmelzen, wenn wieder mal eine Verspätung ansteht oder eine Toilette außer Betrieb ist. In den faden Strickpullundern, den grauen Kellnerwesten und den muttihaften Kleidern bleibt den Bahnmitarbeitern gar nichts anderes übrig, als optisch in den Hintergrund zu treten.

Womöglich ist das ja inzwischen eine eigene Modesparte: biedere, bodenständige, unauffällige Uniformen für Personal, das nicht angesprochen werden will. Die neuen Uniformen wirken wie Kleidung für ein Personal, das sich nicht unter die Leute traut. Ein Mantel des Schweigens, den die Bahn über ihr angeknackstes Selbstbewusstsein breiten möchte. Dabei sollte eine moderne Uniform den Kunden doch kommunizieren: Alles wird gut, sämtliche Probleme wurden beseitigt, wir haben nichts zu verbergen!

Nun hat Kretschmer ja bereits Erfahrung mit dem Entwerfen von Dienstkleidung. Der Designer stattet seit Jahren das Personal von Fluggesellschaften und Hotels aus - unter anderem auch der Telekom, die nicht gerade gefeiert wird für ihre Kundenorientiertheit. Deren Mitarbeiter-Shirts sind übrigens mausgrau.

Überraschenderweise geht die Deutsche Bahn mit einer ihrer Schwachstelle äußerst offensiv um - vielleicht, weil eigentlich die Telekom für das Problem verantwortlich ist: die lückenhafte Internetverbindung in den Zügen. Entschärft wird die Situation von einem fröhlichen Hipster im Hoodie, der unerschrocken durch die Waggons läuft und frustrierten Bahnfahrern, die vergeblich versuchen sich einzuloggen, seine Freundschaft anbietet.

Woran man das erkennt? Auf seinem knallroten Kapuzensweatshirt prangt - gleich unterm DB-Logo - in großen Buchstaben "WLAN-Buddy". Das Kleidungsstück vermittelt: Ich bin für euch da. Und verstecke mich nicht. Siehst du, Guido? Geht doch.

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