Ladies & Gentlemen:Gehobene Landratten

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(Foto: Miu Miu, Timberland)

Bei den Männern war er nie weg, bei den Frauen kommt er diesen Sommer wieder groß aus: Der Bootsschuh ist ein Klassiker, mit dem man nicht viel falsch machen kann.

Von Max Scharnigg und Julia Werner

Für sie: Madame Maritim

Es herrscht Sneaker-Fatigue, anders gesagt: Jeder New-Balance-Samba-Air-Jordan-Turnschuh ist langsam ausgelatscht. Der wieder hinter dem Ofen hervorgeholte Mary-Jane-Ballerina ist eine schöne, aber auch nicht für größere Sprünge geeignete flache Alternative. Deswegen geht der Trend jetzt zu Casual-Alternativen, genauer gesagt zum Boat Shoe. Ursprünglich in den Dreißigerjahren erfunden, feierte dieser Schuh seinen Höhepunkt in den Achtzigerjahren in Ostküsten-Preppy-Kreisen, also an Jungreichen mit hochgeklappten Polokragen. In Deutschland sah das dann an Golf-Fahrern leider gar nicht mal so mondän aus. Jetzt sehen wir ihn aber wieder überall, an den Hipster Girls von New York bis Athen und auf den Laufstegen. Loewe hat im Herbst einen. Bally und Fendi schon jetzt.

(Foto: Miu Miu)

Und Miu Miu, das einzige Label, das überhaupt noch Schuh-Hypes auf den Straßen auslöst, hat ihn auch, schon vorgebleicht und interessant kombiniert mit knielangen Röcken oder Kleidern, die man nicht auf der Yacht verorten würde. Das sieht sehr gut aus. Lohnt der sich also, um im Spiel der ironischen Distinktion ganz vorn dabei zu sein? Für den Bootsschuh spricht, dass er ohne Socken getragen wird, die ewige Sockenabstimmerei wurde auch anstrengend. Gegen ihn sein ewiger Ruf als Privilegierten-Schlappe. Sein ironischer Witz löscht sich also an den Füßen von privilegierten Menschen von selbst aus. Wie lässt sich feststellen, ob man in diese Gruppe gehört? Indem man die Zeit dafür findet, darüber nachzusinnen, ob man diesen Schuh braucht.

Für ihn: Klassisch locker

Bootsschuhe haben im meerfernen Süddeutschland keinen ganz ungetrübten Ruf, denn sie gehören hier - zusammen mit Barbourjacke und Mercedes G-Klasse - zur Pflichtausstattung junger Männer mit Schnöselhintergrund. Dabei sind die Schuhe, die vom US-Amateursegler Paul Sperry für das Leben an Bord erfunden worden sind, eigentlich sehr brauchbar. Allzu groß ist das Angebot an stilvollen Sommerschuhen für Männer schließlich nicht, und Bootsschuhe passen nun mal zu vielen Wochenendaktivitäten und auch zur kurzen Hose - als willkommene Sneaker-Alternative.

(Foto: Timberland)

Fürs Boot selbst sind viele Modelle allerdings gar nicht mehr geeignet. Ihnen wurden statt der ursprünglichen, flachen Messerschnitt-Sohle, deren Rillen das Wasser unterm Schuh zur Seite rausdrücken, hohe Laufsohlen für Landratten verpasst, so wie bei diesem Modell von Timberland. Die Marke gehört zu den klassischen Bootsschuh-Herstellern, neben den originalen "Top-Sider" von Sperry und den Modellen der Marke Sebago. Eine gehobene Qualität ist bei diesem Schuhtyp nicht unerheblich, schließlich trägt man sie meist ohne Strümpfe - sauber verarbeitetes, weiches Leder und angenehme Passform sind deshalb besonders wichtig. Nur so stellt sich auch bald die gewünschte Patina der Schuhe ein, denn ähnlich wie die Barbourjacke sind Bootsschuhe erst dann wirklich wohlgelitten, wenn sie sichtbar eingetragen sind und kumpelhaften Charakter haben. Überschätzen sollte man die modische Strahlkraft dennoch nicht, abends in der City oder tagsüber im Büro wirken sie recht schnell etwas, äh, leichtfertig. Faustregel: Man kann sie überall da tragen, wo andere Menschen Urlaub machen.

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