Die Apokalypse war schon da. Eine Seuche hat die Menschheit dahingerafft. Nun ja, zumindest fast: Ein paar Überlebende konnten sich auf schwimmende Plattformen retten. "Pandemic Legacy Season 2" bietet ein wundervoll gruseliges Setting für ein Brettspiel - und eines, das sich vom ersten Teil ganz grundlegend unterscheidet.
In Teil eins geht es darum, die Welt vor dem Untergang zu bewahren. Tödliche Pandemien müssen aus Städten und von Kontinenten zurückgedrängt und Heilmittel erschaffen werden. Das Besondere an dem Spiel: Es fängt nicht jedesmal von vorne an, sondern jeder Zug hat Auswirkungen auf alle weiteren Partien. Wohl auch deshalb steht "Pandemic Legacy Season 1" auf der Topliste der Brettspiele ganz oben.
In der Fortsetzung übernehmen die Spieler nun die Rollen der paar Menschen, die nach dem Untergang noch übrig sind. Sie leben auf Inseln im Mittelmeer und im Atlantik. Der Rest der Karte ist schwarz. Und es stellen sich viele Fragen: Existieren in Asien noch weitere Überlebende? Und wo liegt die Quelle der Seuche? Mühsames Entdecken und Wiederaufbauen steht auf dem Plan. Doch Vorsicht ist geboten. Wie bei einer Fernsehserie kommt der nächste Plot Twist bestimmt - in Form von Ereigniskarten.
Gemeinsam gegen das Brett
"Pandemic Legacy" ist auch im zweiten Teil ein kooperatives Spiel. Das heißt zwei bis vier Überlebende spielen zusammen gegen das Brett. Es geht darum, Medizin und Vorräte zu verteilen und immer weitere Teile der Weltkarte aufzudecken. Die Spieler bestimmen, wohin sie ihre Forschertrupps schicken, welche Städte sie zuerst versorgen und welche sie wieder untergehen lassen, um andere zu retten. Denn am Ende jeder Runde schlägt die Seuche aus dem Infektions-Kartenstapel zu. Haben sich die Spieler vorher für die richtige Stadt entschieden, geht das glimpflich aus und es werden nur ein paar Vorräte verbraucht. Setzen sie auf die falsche, bricht die Krankheit aus. Im schlimmsten Fall befällt die Seuche auch die Nachbarn - dann kann das Spiel sehr schnell vorbei sein.
Der Clou - wie schon in "Pandemic Legacy Season 1" - besteht darin, dass alle Entscheidungen Auswirkungen auf alle späteren Partien haben. Fällt eine Stadt der Seuche zum Opfer, leben dort in Zukunft weniger Menschen. Es wird in den folgenden Runden schwieriger sein, dort neue Vorräte zu produzieren. Wenn eine Spielfigur bei einem Seuchenausbruch vor Ort ist, trägt sie Narben davon, ihre Arbeit wird ihr in späteren Partien schwerer fallen.
Wie ein Gemälde von Caspar David Friedrich - bedrohlich und überwältigend
Im Gegensatz zum Kampf gegen den Untergang in Teil eins fühlt sich die notdürftig überlebte Apokalypse in Teil zwei befreiend an. Anstatt eine Welt vor dem Zusammenbruch zu bewahren, darf man diese wieder aufbauen. Die Möglichkeiten erscheinen unendlich.
Die Spieler werden zu mutigen Entdeckern. Aber bitte nicht zu mutig: Schließt man zu schnell zu viele Städte an das Raster an, werden die Vorräte knapp - und am anderen Ende der Welt kommt keine Hilfe mehr an.
Immer, wenn sich im Spiel etwas verändert - und das ist fast in jeder Partie der Fall - erinnert das an Weihnachten: In Schachteln und hinter Türchen verbergen sich neue Regeln und Spielerfiguren sowie neue Teile der Welt, die man auf die noch schwarze Karte klebt. Ein Art Adventskalender mit etwa hundert Fenstern - hinter denen nicht nur positive Überraschungen stecken. Werden alte Karten nicht mehr gebraucht, befiehlt das Spiel, sie für immer zu vernichten:
"Zerreißen Sie diese Karte!"
Während die einzelnen Partien durch die Infektions- und Spielerkarten nach dem Zufallsprinzip bestimmt werden, ist das Spiel insgesamt durch ein Narrativ verbunden. Ein vorsortierter Stapel mit Legacy-Karten erzählt die Geschichte der Überlebenden. Haben sie neue Gebiete entdeckt, dürfen sie die nächsten Karten aufdecken. Jede Karte, jede Partie bringt die Handlung ein Stück weiter. "Pandemic Legacy Season 2" ist eine intelligent erzählte Fortsetzungsserie, die süchtig macht - getarnt als Brettspiel.
"Pandemic Legacy Season 2" erscheint am 25. Oktober bei Asmodee/ZMan Games